Inflation/Deflation Die Folgen von Euro-Krise und Staatsverschuldung

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Money Matters

Zwar lassen höhere Inflationsraten die Zinsen und damit die Refinanzierungskosten des Staates steigen. Doch je länger die Restlaufzeiten der Altschulden des Staates ausfallen, desto geringer ist die Gefahr, dass die Regierung ins offene Messer steigender Zinsen läuft. In Deutschland ist die Restlaufzeit der Staatsschulden mit 5,8 Jahren vergleichsweise niedrig. Dagegen weisen Griechenland (7,7 Jahre), Italien (7,2 Jahre), Frankreich (6,9 Jahre) und Spanien (6,7 Jahre) deutlich längere Restlaufzeiten auf. Ihnen würden inflationsbedingt höhere Zinsen daher nicht so schnell weh tun wie Deutschland. Das spricht dafür, dass der Druck auf die EZB zu höherer Inflation vor allem aus diesen Ländern kommen wird.

Dass die Euro-Hüter sich politischem Druck widersetzen werden, glaubt spätestens seit dem Einknicken der EZB beim Ankauf von Staatsanleihen ohnehin niemand mehr. „Die EZB ist näher herangerückt an die Politik und wird weniger Widerstand gegen den Druck zur Inflation leisten“ urteilt Krämer. Zumal dann, wenn auch die anderen großen Zentralbanken wie die US-Notenbank Fed und die Bank von England es mit dem Stabilitätsversprechen in den nächsten Jahren nicht so genau nehmen sollten. Schon jetzt fordern Ökonomen in den USA, in den nächsten Jahren mehr Inflation zu wagen, um die Schulden des Staates real abzuschmelzen.

Teuerungsschübe aus dem Ausland

Je lascher die EZB die Zügel hält, desto weicher wird der Euro auch nach außen. Wertet der Euro gegenüber den anderen wichtigen Währungen ab, werden die Einfuhren nach Deutschland teurer. Das treibt die Verbraucherpreise in die Höhe. Nach Berechnungen der Ökonomen der Société Générale lässt allein schon der jüngste Kurssturz die Inflation um 0,3 bis 0,6 Prozentpunkte steigen. Von dem jüngsten Rückgang des Ölpreises auf Dollar-Basis haben die deutschen Autofahrer daher kaum etwas gespürt.

In den nächsten Jahren könnten aus dem Ausland weitere Teuerungsschübe auf die deutsche Wirtschaft zukommen. Denn viele Länder Asiens haben ihre Währungen an den Dollar gekoppelt. Um zu verhindern, dass ihre Währungen aufwerten, halten sie den Abstand ihrer Zinsen zu den Zinsen in den USA konstant, obwohl für ihre Wirtschaft wegen des hohen Wachstums höhere Zinsen angemessen wären. Die viel zu lasche Geldpolitik droht daher die Konjunktur in Asien zu überhitzen und die Preise kräftig in die Höhe zu treiben. In China kletterte die Teuerungsrate im April auf 2,8 Prozent – das höchste Niveau seit 18 Monaten.

Auslastung der Industrie

Steigende Weltmarktpreise und ein schwacher Euro – das ist die klassische Kombination für importierte Inflation. Schon jetzt spüren die Unternehmen den Druck. Bei der jüngsten Einkaufsmanagerumfrage in der deutschen Industrie klagten nach Angaben des Finanzdienstleisters Markit die befragten Manager über „eine generelle Verteuerung der Vormaterialien“. Der Kostenanstieg fiel so hoch aus wie seit fast zwei Jahren nicht mehr.

Dabei dürfte es den Unternehmen zunehmend gelingen, die höheren Bezugskosten in die Absatzpreise zu überwälzen. Denn die Kapazitätsauslastung in der deutschen Industrie hat sich seit dem Tiefpunkt vor einem Jahr um neun Prozentpunkte auf nunmehr knapp 80 Prozent kräftig erhöht. Damit liegt sie nur noch rund drei Punkte unter ihrem langjährigen Durchschnitt von 83 Prozent. Belebt sich die Konjunktur weiter, können die Betriebe ihren Kunden höhere Preise abknöpfen. Commerzbank-Chefökonom Krämer erwartet daher „für die Jahre ab 2013 Inflationsraten zwischen drei und vier Prozent“.

Behält er recht, dauert es wohl nicht mehr lang, bis die Maß Bier auf der Wies’n mehr als zehn Euro kostet.

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