Irak In den Ruinen der Uni Mossul kehrt wieder Leben ein

Der IS hatte die Universität im irakischen Mossul erobert und geplündert. Professoren räumen nun den Schutt weg, in der Hoffnung auf die Wiederaufnahme des Lehrbetriebs. Im Westen der Stadt geht der Krieg weiter.

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In Mossul ist an Vorlesungen noch nicht wieder zu denken. Quelle: Reuters

Mossul Professoren räumen Trümmer beiseite, fegen Schutt vom Campus und richten notdürftig Seminarräume ein: Zu Beginn der Woche begannen Dozenten und andere Mitarbeiter der Universität im nordirakischen Mossul damit, in den Ruinen ihrer ehemaligen Arbeitsstätte die Basis für einen Neuanfang zu legen. "Wir wollen bald wieder mit dem Unterrichten anfangen", sagt der Biologie-Professor Atta Allah Fahad Michlef. "Wir machen das, was möglich ist, nach all der Zerstörung und dem Krieg."

Die Universität war wie der Rest der Stadt vor etwa drei Jahren von Kämpfern der Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) eingenommen und geplündert worden. Im Januar eroberten irakische Regierungstruppen mit Hilfe einer US-geführten Koalition den Ostteil der Stadt zurück, in dem sich auch die Universität befindet. Bevor die Islamisten aus der Hochschule vertrieben wurden, zündeten sie die Bibliothek und verschiedene Fakultätsgebäude an und legten Sprengfallen auf dem Gelände. Diese mussten erst Stück für Stück vom Militär entfernt werden, bevor Zivilisten ihren Fuß auf den Campus setzen konnten. Und noch sind nicht alle Sprengfallen beseitigt. Daher sind einige Gebäude auch noch nicht freigegeben. Andere sind durch einen Luftangriff völlig zerstört worden, der einem vermuteten Chemiewaffenlabor des IS galt.

Der Biologie-Professor sammelt Glaskolben ein, die das Feuer in seinem Labor unbeschadet überstanden haben, um sie in neue Seminarräume zu bringen. Die IS-Kämpfer hätten allerdings einen Großteil der Ausstattung zerstört, und es sei schwierig, im Irak dafür Ersatz zu finden, sagt Michlef. In einem Raum stehen noch die Algebra-Formeln auf der Tafel, die vor drei Jahren in einer der letzten Vorlesungen dort angeschrieben worden waren.

Ein anderer Professor, Abdelasis Safhan, versucht, Bestände der zerstörten Bibliothek mit selbst organisierten Büchern und ausgedruckten Materialien aus dem Internet zu ersetzen. Außerdem sichtet er, was man noch gebrauchen kann: "Die Chemie-Öfen funktionieren einwandfrei." Safhan steht vor seinem alten Seminarraum und konstatiert: "Wenn wir jetzt noch Strom hätten, könnten wir wieder arbeiten."

Strom gibt es bislang aber nicht auf dem Universitätsgelände, und es gibt auch noch keinen Termin, wann der Uni-Betrieb wieder losgehen soll. Im Westen der Stadt herrscht immer noch Krieg. IS-Kämpfer verschanzen sich dort und liefern sich mit Regierungstruppen einen Häuserkampf. Trotzdem sind die Aufräumarbeiten in der Universität ein weiteres Zeichen dafür, dass die Normalität in Mossul langsam wieder Einzug hält. Es kehren auch immer mehr Flüchtlinge in den Stadtteil zurück, und Läden öffnen wieder.

"Wir wollen arbeiten", sagt Michlef. "Die Universität ist mein Zuhause."

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