Irak und Syrien Wie der Islamische Staat Wasser als Waffe nutzt

Wasser ist die Grundlage allen Lebens. Der Islamische Staat nutzt es aber, um seine Feinde umzubringen und ganze Landstriche zu vernichten. Das Problem: Je erfolgreicher die Anti-IS-Allianz, desto größer die Gefahr.

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Im schlimmsten Fall hätte die Terrormiliz mit Wasser hunderttausende Menschen auf einen Schlag töten können. Als die Kämpfer des Islamischen Staats im August 2014 den Staudamm nahe der irakischen Stadt Mossul übernahmen, war das denkbar.

Von der größten Talsperre des Landes hängen nicht nur knapp die Hälfte der Stromversorgung im Irak und ein Großteil der Wasserversorgung der kurdischen Gebiete im Norden ab. Eine Sprengung, wie sie manche Beobachter befürchteten, hätte katastrophale Auswirkungen gehabt. Eine rund 20 Meter hohe Flutwelle hätte Mossul, die zweitgrößte Stadt des Landes, wohl ausgelöscht. Selbst die talabwärts, einige hundert Kilometer entfernt gelegene Hauptstadt Bagdad wäre schwer beschädigt worden.

Die kurdischen Streitkräfte im Nordirak, die Peschmerga, ließen es soweit nicht kommen. Sie eroberten die Talsperre zurück – mit der Unterstützung der Amerikaner aus der Luft.

„Wenn dieser Damm gebrochen wäre, hätte das zu einer Katastrophe führen können - samt Flutwellen, die das Leben von Tausenden sowie unsere Botschaft in Bagdad gefährdet hätten“, hatte US-Präsident Barack Obama damals nach der Rückeroberung gesagt. In einem kürzlich erschienen Report geht die deutsche Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) von bis zu einer halben Million möglicher Todesopfer aus.

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Und auch wenn diese Katastrophe verhindert wurde, anderenorts nutzt der Islamische Staat das Wasser längst als tödliche Waffe. „Seit der IS wichtige Wasservorkommen in Syrien und im Irak kontrolliert, setzt er Wasser für seine militärischen und politischen Ziele ein“, schreibt SWP-Wissenschaftler Tobias von Lossow in einer Analyse für die Denkfabrik. 

Flut, Dürre, Verunreinigung

Laut Lossow gibt es im Wesentlichen drei Wege, Wasserressourcen als Waffe einzusetzen: indem dafür gesorgt wird, dass zu wenig, zu viel oder Wasser in unzureichender Qualität bereitsteht. „Der IS hat alle drei Varianten mehrfach angewendet und damit sowohl auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene Wirkung erzielt“, analysiert der Wissenschaftler. 

Die Variante, bei der zu viel Wasser gegen die Bevölkerung eingesetzt wird, schien im Fall Mosul möglich. In einem anderen Fall im April 2014 zerstörte der IS mit Hilfe von aufgestautem Wasser aus dem Falluja-Damm rund 200 Quadratkilometer fruchtbares Ackerland sowie 10.000 Häuser. Bis zu 60.000 Menschen verloren laut SWP-Report ihre Lebensgrundlage und ergriffen die Flucht. 

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