Iran Die Gefahren des Iran-Geschäfts

Seite 2/2

Bankern schlottern die Knie

Im Alltag jedes Mittelständlers spielen Bürgschaften und Exportkreditversicherungen eine ganz entscheidende Rolle. Die Versicherer springen ein, wenn ein Abnehmer zahlungsunfähig wird – was bei neuen und komplizierten Märkten durchaus denkbar ist. Kaum ein Mittelständler würde ein Handelsgeschäft ohne Absicherung wagen. Und wenn die Versicherungen am Markt nicht verfügbar sind, gibt es eben keinen Handel.

Kritischer noch als die Versicherer schätzen Großbanken das Iran-Geschäft ein. Bei der Commerzbank will sich niemand auch nur im Hintergrund zum Business in einem der größten Wachstumsmärkte der Welt äußern. Die Frankfurter sind gebrannte Kinder: Wegen Verstößen gegen US-Exportrecht plus anschließender Verschleierung verdonnerte die dortige Justiz die Bank im März 2015 zu einer Strafzahlung über 1,45 Milliarden Dollar – es war ein Vergleich, mit dem man den Einzug der Banklizenz für den US- und Dollar-Markt verhindern konnte.

Glimpflicher kam die Deutsche Bank davon (Vergleichshöhe: 258 Millionen Dollar), noch schlimmer traf es Frankreichs BNP Paribas (8,9 Milliarden Dollar).

Akteure im Atomkonflikt mit Iran

Entsprechend schlottern den Bankern die Knie. Ein Marktteilnehmer sagt, was sie in der Branche offenbar alle denken: „Wir werden nicht gegen die Sanktionen verstoßen, selbst wenn wir kein US-Geschäft haben. Denn wir emittieren in US-Dollar und das soll auch so bleiben.“ Auch nachdem die Amerikaner ihr Sanktionspaket zusammengestrichen haben, hingen die Banken „zwischen Baum und Borke“: Wie rigoros setzen die US-Behörden ihr Sanktionsrecht außerhalb des Landes durch? Das ist die Frage, an der die Finanzierungen im Moment hängen.

Unabhängig davon fällt es gerade den vorsichtigen Deutschen schwer, das Dickicht der iranischen Wirtschaftsstrukturen zu durchschauen. „Es gibt einige Unternehmen, die vor den Sanktionen bereits im Iran im Geschäft waren“, sagt Thomas Wülfing, Chef der auf den Iran spezialisierten Hamburger Unternehmensberatung Germela. „Aber für die meisten Investoren ist der Iran eine Art ‚Black Box‘.“ Wülfing weiß: Wer im Iran Fuß fassen will, muss sich „wohl oder übel auf eine gewisse Staatsnähe seiner Partner einlassen“.

Aber welche Personen stehen auf den US-Sanktionslisten? Mit wem kann man Geschäfte machen? Wülfing sagt, wohl nicht ganz uneigennützig: Es brauche ein regelrechtes Navigationssystem vor Ort, die die Beziehungen zu den unterschiedlichen Machtgruppen Teherans durchschauen.

Manche Unternehmen stehen den Religionswächtern nahe, andere dem Militär, wieder andere stehen unter Kontrolle von Investmentfonds, die das Vermögen des Schahs verwalten. „Mit allen Machtgruppen gleichzeitig kann man keine Geschäfte machen“, sagt Wülfing. Für alle von ihnen gelte aber: „Sie sind so offen für Gemeinschaftsunternehmen wie nie zuvor.“

Und so wagen sich vorher nur wenige aus der Deckung: Daimler will mit früheren Partnern im Iran die Fertigung von Lkw und Motoren wieder aufnehmen. Siemens hofft auf die Lieferung von 500 Zügen. Beide Konzerne sind groß genug, um die damit verbundenen Risiken abzusichern.

Für den deutschen Mittelstand gilt das nicht. Und so werden die meisten hiesigen Unternehmer vom großen Geschäft im Iran vorerst nur träumen dürfen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%