Solange diese Frage unklar ist, bleiben die meisten Banken dem Markt fern – und mit ihnen auch deutsche Unternehmen, deren Kunden im Iran von Europas Nullzinspolitik gehört haben und angesichts hoher Haben-Zinsen zu Hause auf Fremdfinanzierungen pochen. Letzteres ist für die asiatischen Lieferanten eine Selbstverständlichkeit. Ihre Banken sind vor allem mutiger als die Europäer.
Den deutschen Möchtegern-Exporteuren hilft es da auch nicht, dass Exportkreditgarantien („Hermes-Bürgschaften“) wieder möglich sind: Wer mangels Finanzierung kein Geschäft zustande bekommt, braucht auch keine Bundes-Deckung. „Das Interesse ist groß, aber das Iran-Geschäft läuft erst langsam an“, sagt Edna Schöne, die als Vorstand bei Euler Hermes die Bundes-Bürgschaften verantwortet. Man habe acht kleinere Projekte mit Akkreditiven iranischer Banken entschieden. Schöne hofft nun, dass „die Geschäftsbanken spätestens im kommenden Jahr wieder Kredite für Irangeschäfte vergeben, um auch größere Transaktionen zu ermöglichen“.
Wissenswertes zum Iran
Der Iran ist schon alleine wegen der Bevölkerungszahl von fast 80 Millionen eine Macht in der Golf-Region. Der Gottesstaat war jedoch wegen seiner kompromisslosen Atompolitik in den vergangenen zehn Jahren international isoliert. Die im Zusammenhang mit dem Atomstreit verhängten Sanktionen führten in dem öl- und gasreiche Land auch zu einer Wirtschaftskrise. Viele Beobachter rechneten daher mit einem zweiten Nordkorea am Persischen Golf.
Mit dem Sieg von Hassan Ruhani bei der Präsidentenwahl 2013 im Iran änderte sich jedoch das Bild. Sein Wahlslogan „Versöhnung mit der Welt“ führte im Juli 2015 zu einem Atomabkommen mit dem Westen. Der Iran wurde plötzlich zu einem potenziellen politischen und wirtschaftlichen Partner des Westens in einer von Krisen geschüttelten Region. Besonders im Syrien-Konflikt hofft der Westen auf eine positive Rolle Teherans.
Mit seinen beiden gut ausgerüsteten Streitkräften - der klassischen Armee und den Revolutionsgarden - kann der Iran besonders im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) eine entscheidende Rolle spielen. Diese Rolle aber ist innerhalb der Region höchst umstritten, unter anderem bei der anderen Regionalmacht Saudi-Arabien. Ideologische und besonders religiöse Differenzen zwischen dem schiitischen Iran und den sunnitisch-wahhabistischen Saudis sorgen daher immer wieder für Spannungen in der Region.
Bewegen müssten sich aber sowohl die Banken, als auch das Regime in Teheran, sagt Jürgen Hardt (CDU), der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag: „Wenn Banken aus Sorge vor Rechtsfolgen in den USA die Kreditvergabe einschränken, muss das Problem klar benannt werden, damit die Bundesregierung gegebenenfalls handeln kann.“ Aus seiner Sicht liegen die Schwierigkeiten aber „in erster Linie an der politischen Unsicherheit, die das Regime in Teheran selbst geschaffen hat“. Es liegt in den Händen des dortigen Regimes, Vertrauen als Grundlage für Investitionen zu schaffen.
In Teheran wird sich Sigmar Gabriel einigen unangenehmen Fragen stellen müssen: Warum kommt der deutsch-iranische Handel nicht in Schwung? Wieso trauen sich die Banken nicht in das Land, das sein Atomprogramm eingestampft hat und internationalen Kontrolleuren die Türen öffnet? So sehen das Iraner, die kein Verständnis für die Zurückhaltung der Europäer haben. Hinter den Kulissen fürchtet manch ein iranischer Manager, die Enttäuschung über das fehlende West-Geschäft könnte den Hardlinern wieder Auftrieb geben.
Natürlich sehen sie auch im Hause Gabriel die Schwierigkeiten. Das Wirtschaftsministerium forderte die Großbanken vor einigen Wochen per Brief auf, den Iran-Einstieg zu prüfen. Dann bestellte Staatssekretär Matthias Machnig sogar einige Banker zum Rapport ein. Aber die hemdsärmeligen SPD-Politiker können keine Privatbanker zu einem Markteintritt zwingen. Und die Zusicherung der Amerikaner, dass man die Europäer in Sachen Iran-Sanktionen nicht bestrafen werden, dürfte am Selbstverständnis der USA scheitern und zumal im Wahlkampf ganz und gar nicht realistisch sein.
Bliebe nur, die staatliche KfW ins Iran-Geschäft zu schicken oder das Länderrisiko bei Hermes-Bürgschaften abzusenken. Aber das wären dann auch alle verfügbaren Instrumente. Die bittere Zukunft sieht so aus: Kaum stoßen die Deutschen die Tür zu einem neuen, aber riskanten Markt auf, stoßen sie sie wieder zu. Weil es in Europa an Risikobereitschaft mangelt. Ausnahmen wie Knauf bestätigen die Regel.
Exklusiv: WirtschaftsWoche-Reporter Florian Willershausen begleitete den Chef der SMS Group, Burkhard Dahmen, zu Kunden und Partnern in den Iran. Lesen Sie in unserer Reportage, welche Chancen und Schwierigkeiten der Düsseldorfer Anlagenbauer im Iran-Geschäft sieht, welche Erwartungen die Iraner an deutsche Lieferanten haben.