IS reklamiert London-Anschlag für sich Polizei nimmt bei Razzien weitere Verdächtige fest

Nach dem Anschlag von London meldet die Polizei am Montagmorgen weitere Durchsuchungen und Festnahmen. Zuvor hatte in der Nacht der IS die Tat für sich beansprucht. US-Präsident Trump äußerte sich erstmals mündlich.

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Polizisten sichern den Einsatzort ab. Quelle: dpa

London Bei Razzien in den frühen Morgenstunden seien am Montag im Osten von London „mehrere Menschen“ festgenommen worden. Anti-Terror-Einheiten hätten in den Stadtteilen Newham und Barking zwei Immobilien durchsucht. Die Ermittlungen würden liefen weiter, gab die Polizei bekannt. Bereits am Sonntag hatte es mehrere Festnahmen gegeben. Zuletzt hatte die Polizei von bislang zwölf Festnahmen gesprochen. Demzufolge befanden sich noch sieben Frauen und vier Männer in Gewahrsam, nachdem ein Mann auf freien Fuß gesetzt worden war.

Zuvor hatte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) den Anschlag in London für sich reklamiert. Die in der Nacht zum Montag verbreitete Erklärung des IS-Sprachrohrs Amak konnte zunächst nicht auf Echtheit überprüft werden. Sie wurde aber über für den IS übliche Kanäle und in der üblichen Form verbreitet.

Drei Männer hatten am Samstagabend im Zentrum Londons Menschen mit einem Lieferwagen und langen Messern attackiert und dabei sieben Menschen getötet und rund 50 weitere teil schwer verletzt. Drei Angreifer fuhren mit einem Kleintransporter auf der London Bridge in eine Menschenmenge und attackierten dann Passanten willkürlich mit Messern. Die mutmaßlichen Terroristen wurden von Polizisten erschossen - vom Notruf bis zu ihrer Tötung vergingen acht Minuten. Unter den Verletzten waren nach Angaben von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) auch zwei Deutsche.

Es war das dritte Attentat binnen drei Monaten in dem Land, alle drei hat der IS für sich in Anspruch genommen. Der zweite Anschlag liegt gerade einmal zwei Wochen zurück: In Manchester hatte am 22. Mai ein Selbstmordattentäter nach einem Auftritt der US-Sängerin Ariana Grande 22 Menschen mit in den Tod gerissen. Bei einem Benefizkonzert in der nordenglischen Stadt gedachte Grande am Sonntagabend gemeinsam mit Kollegen wie Miley Cyrus und Justin Bieber sowie 50.000 Zuschauern der Opfer dieses Anschlags.

Unter Leitung von Premierministerin Theresa May sollte am Montag das Sicherheitskabinett zusammenkommen. Dabei sollten Konsequenzen aus dem erneuten Anschlag beraten werden. Bei einer Mahnwache in der Stadt soll der Opfer gedacht werden. „Wir werden diese Feiglinge nie gewinnen lassen, und wir werden uns nie vom Terrorismus einschüchtern lassen“, sagte Bürgermeister Sadiq Khan mit Blick auf die Attentäter.

Die Ermittlungen im Umfeld der drei Angreifer gehen weiter. Ihre Identitäten sollen veröffentlicht werden, sobald dies ermittlungstaktisch möglich sei, hieß es. Im Zusammenhang mit der Tat hielt die Polizei noch elf Menschen fest. Inwieweit sie in den Anschlag verwickelt waren, blieb zunächst unklar.


Trump meldet sich erstmals mündlich zu Wort: „Blutvergießen muss enden“

Das IS-Sprachroht Amak berichtete von einer „Abteilung von IS- Kämpfern“, die für den Anschlag verantwortlich seien. Die Direktorin der auf die Auswertung dschihadistischer Propaganda spezialisierte Site Intelligence Group, Rita Katz, sah darin einen Hinweis, dass die Attacke „wahrscheinlich“ mit der Führung der Terrormiliz koordiniert war. Ähnliche Anschläge mit Autos waren zuletzt allerdings eher ein Zeichen der Planung durch einen „einsamen Wolf“, der vom IS zu seiner Tat inspiriert, aber nicht beauftragt wurde.

Über IS-Propagandakanäle wurde zudem ein Bild verbreitet, das den Anschlag verherrlicht. Darauf ist ein Mensch mit einem blutigen Messer in der Hand zu sehen und im Hintergrund - fälschlicherweise - die Tower Bridge statt der London Bridge sowie ein weißer Transporter. In Arabisch, Französisch und Englisch steht daneben der Satz „Rache. Kein Kompromiss... bei der Sicherheit der Muslime“.

Die britische Premierministerin Theresa May kündigte nach dem Londoner Anschlag eine härtere Gangart im Anti-Terror-Kampf an. „Jetzt reicht's“, sagte die Regierungschefin. Wenige Tage vor der Parlamentswahl am Donnerstag stellte sie zugleich einen Vier-Punkte-Plan vor, der sich auch gegen den radikalen Islamismus richtet. „Wir müssen viel stärker daran arbeiten, ihn zu erkennen und ihn aus dem öffentlichen Dienst und der Gesellschaft auszurotten.“ Mit dem Begriff „öffentlicher Dienst“ spricht May vermutlich das Schulwesen an. Es gebe „viel zuviel Toleranz für Extremismus in unserem Land“, sagte sie.

May drang zugleich auf eine bessere Überwachung und Regulierung des Internets und von Messengerdiensten an. Extremisten dürften dort keine Rückzugsorte mehr finden. Sie betonte, dafür brauche es internationale Vereinbarungen.

US-Präsident Donald Trump sagte Großbritannien nach den Terroranschlägen in London erneut „unerschütterliche Unterstützung“ zu. Er verurteilte die Tat als „fürchterliche Attacke“. Die USA würden alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen, sagte Trump am Sonntagabend (Ortszeit) bei einer Galaveranstaltung in Ford's Theater in Washington, dem historischen Ort, an dem Abraham Lincoln 1865 erschossen worden war. „Wir bekräftigen unsere Entschlossenheit, stärker denn je, die USA und ihre Verbündeten vor einem abscheulichen Feind zu schützen, der einen Krieg gegen unschuldiges Leben führt. Dieses Blutvergießen muss enden, dieses Blutvergießen wird enden.“ Zugleich betonte er seine Entschlossenheit, die USA mit allen nötigen Mitteln vor terroristischen Attacken zu schützen: „Als Präsident werde ich tun, was nötig ist, um zu verhindern, dass diese Bedrohung unsere Küsten erreicht.“

Es waren Trumps erste öffentliche mündliche Äußerungen nach den Terroranschlägen in London. Zuvor hatte er mit der britischen Premierministerin Theresa May telefoniert, aber sich hauptsächlich via Twitter zu Wort gemeldet und dabei kräftig für seinen eigenen Kurs geworben.

In Großbritannien soll an diesem Donnerstag ein neues Parlament gewählt werden. Die Wahl werde wie geplant stattfinden, sagte May. Die großen Parteien unterbrachen aber wie bereits nach dem Manchester-Anschlag ihren Wahlkampf.

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