Ivanka Trump Die scheinheilige Indien-Reise der First Daughter

In Indien wirbt die Präsidententochter für Frauenrechte. Doch ihr Modelabel lässt in Billiglohnländern herstellen, in denen Näherinnen oft zu unmenschlichen Bedingungen schuften müssen. Wo genau, will sie nicht verraten.

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Beim GES will die Präsidententochter auf die Lage der Frauen in der Wirtschaft hinweisen. Quelle: AP

Bangkok Im indischen Hyderabad gibt man sich in diesen Tagen viel Mühe, die hässlichen Seiten der Stadt zu verstecken: Die Inder haben graue Betonbrücken mit Regenbogenfarben angepinselt, und die sonst so zahlreichen Bettler trifft man in diesen Tagen auch seltener. Die Polizei hat die Bedürftigen kurzerhand aus dem Stadtzentrum geworfen.

Nichts soll stören bei diesem Mega-Event, das viele in Indien bereits den „Ivanka Summit“ nennen. Mehr als 1500 Unternehmer treffen sich zum Unternehmer-Gipfel Global Entrepreneur Summit (GES), zehntausende Polizisten sichern die Veranstaltung ab. Barack Obama besuchte den Gipfel in seiner Amtszeit, ebenso der frühere Außenminister John Kerry. Dieses Jahr fliegt Ivanka Trump ein, die Tochter und Beraterin des US-Präsidentin.

Dass die USA diesmal eine Frau schicken, passt – scheinbar. Schließlich findet das Event unter dem Motto „Frauen zuerst, Wohlstand für alle“ statt. Und die Präsidententochter kündigte bereits an, mit ihrer Teilnahme vor allem auf die Lage der Frauen in der Wirtschaft aufmerksam machen zu wollen. „Ich möchte, dass der GES eine globale Feier wird, die die Bedeutung der Stärkung und Investitionen in Unternehmerinnen hervorhebt“, versprach sie in einem Interview mit der „Times of India“.

Schöne Worte. Doch es bestehen zunehmend Zweifel, wie ernst es der US-Präsidententochter mit der Stärkung von Frauen in der Wirtschaft tatsächlich ist. Denn auch wenn Trump auf Bühnen die Frauenrechtlerin gibt, so scheint sie sich bei ihren eigenen Geschäften weniger dafür zu interessieren. Wie Hyderabad das Hässliche vertuscht, so versteckt auch die Präsidententochter die wohl dunklen Seiten ihrer Unternehmungen: die Lieferketten ihrer Modekollektion.

Für ihren Job als Präsidentenberaterin hat sich Trump zwar aus dem Management ihres Labels zurückgezogen. Das Unternehmen gehört ihr aber weiterhin. Kritiker fordern, dass sie angesichts ihrer exponierten Stellung mit gutem Beispiel voran gehen soll. „Wenn das Vermächtnis Ivankas auch den Schutz von arbeitenden Frauen umfassen soll, dann muss sie damit in ihrer Lieferkette anfangen“, sagt Judy Gearhart, Direktorin der Nichtregierungsorganisation (NGO) International Labor Rights Forum.

Denn entgegen dem Postulat ihres Vaters, die heimische Fertigung zu stärken, lässt Ivanka gerne in asiatischen Billiglohnländern nähen – wo insbesondere Frauen oft unter menschenunwürdigen Bedingungen schuften müssen. In Bangladesch nähen die Damen Trump-Hosen zusammen, in Indonesien Kleider und in Indien Baumwoll-Tops, zeigt eine Recherche der „Washington Post“. Die Journalisten stützen sich dabei unter anderem auf Daten der US-Zollbehörde und Daten aus dem Schiffsverkehr.

Aus welchen Fabriken die Waren aber genau herkommen, bleibt bisher weitgehend das Geheimnis von Ivanka Trump. Erst diesen Monat forderte eine Gruppe von mehr als 20 Organisationen die Präsidententochter dazu auf, die Lieferketten transparent zu machen – so wie es mittlerweile zahlreiche Textilunternehmen tun. „Erlauben sie unabhängigen Arbeitsrecht-Organisationen, die Arbeitsbedingungen zu überprüfen und die Beschäftigten über ihre Rechte aufzuklären“, heißt es in dem Brief.

Bisher zeigt sich das Unternehmen jedoch verschlossen. Die Chefin von Trumps Marke, Abigail Klem, sagte zwar, die Lieferketten hätten „oberste Priorität“. Die Fakten auf den Tisch legen will sie aber nicht. Auch den Bangladesh Accord hat Trumps Label bisher noch nicht unterzeichnet. Das ist eine Initiative mehrerer Textilunternehmen, die nach der Rana-Plaza-Katastrophe in Bangladesch ins Leben gerufen wurde und bessere Sicherheitsstandards garantieren soll. 2013 wurden bei dem Einsturz der Fabrik in Dhaka 1135 Menschen getötet. Die meisten Opfer waren Frauen.

Groß ist das Misstrauen auch deswegen, weil das bisher Bekannte mehr als zweifelhaft erscheint. Mitarbeiter der NGO China Labor Watch haben beispielsweise die Firma Huajian Group als Zulieferer identifiziert. Nach Interviews und einer Undercover-Mitarbeit in der Firma bezeichneten die Aktivisten das Unternehmen als eines der schlimmsten, die sie je gesehen haben. Der Lohn betrage unter einem Dollar die Stunde, oft müssten die Beschäftigten 16 Stunden am Tag schuften. Frauen würden von Vorgesetzten übertrieben bestraft, berichtet die NGO.

Während der Recherche wurden drei Mitarbeiter der NGO von chinesischen Behörden festgenommen. Sie sind zwar mittlerweile auf Kaution wieder frei, doch das Verfahren läuft gegen sie weiter. Kritik zum Vorgehen der chinesischen Polizei hat man von Trump bisher noch nicht gehört. In Hyderabad hätte sie nun die Möglichkeit, das zu ändern.

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