IWF-Tagung Alle gegen Trump

Europäer, Weltbank und Internationaler Währungsfonds sind sich einig: Die bisherige Weltordnung muss erhalten bleiben, und die USA dürfen sich nicht ausklinken. Aber nicht bei allen Punkten ist man sich so einig.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Donald Trump ist bei vielen Veranstaltungen der Tagung quasi der unsichtbare Gast im Raum, auch wenn sein Name häufig nicht direkt genannt wird. Quelle: dpa

Washington Der Weltbank-Präsident Jim Yong Kim lässt keinen Zweifel: „Wir müssen eine Evidenz basierende Organisation bleiben, sonst verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit“, sagt er bei der Tagung von Internationalem Währungsfonds (IWF), Weltbank und den 20 Finanzministern der führenden Industrie- und Schwellenländern in Washington. Gemeint ist damit: Wenn die Wissenschaft von einem menschengemachten Klimawandel ausgeht, dann ist das für die Weltbank maßgebend, und nicht die abweichende Meinung des neuen US-Präsidenten Donald Trump. „Ich habe die Dürren, die Folgen des Klimawandels, in Afrika mit eigenen Augen gesehen“, fügt der Koreaner hinzu. Ohne Trumps Protektionismus direkt anzusprechen, betont er auch, dass für den Verlust von Arbeitsplätzen in den Industrieländern nur zu 20 Prozent der Welthandel verantwortlich sei, dagegen spiele die moderne Technik eine viel größere Rolle.

Donald Trump ist bei vielen Veranstaltungen der Tagung quasi der unsichtbare Gast im Raum, auch wenn sein Namen häufig nicht direkt genannt wird. IWF-Chefin Christine Lagarde beschwört die Vorteile des freien Welthandels und nennt ihn „den Motor des Wachstums“. Sie spricht zwar von ermutigenden Diskussionen mit der neuen US-Regierung, lehnt aber jeden Protektionismus ab.

Ein weiteres Thema, das vor allem die Europäer umtreibt, ist die internationale Kooperation, die sie durch die nationalistische Politik der Amerikaner bedroht sehen. Der französische Notenbankchef François Villeroy de Galhau spricht davon. Benoît Couré, Mitglied im Exekutiv-Board der Europäischen Zentralbank (EZB), warnt vor einem Wettlauf um möglichst schwache Auflagen für Banken. Und der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble betont, wie wichtig die USA für die Erhaltung der Weltordnung sind. „Sorry, ohne euch geht es nicht“, sagt er seinen amerikanischen Zuhörern.

Dabei wird zugleich deutlich, dass die Europäer selbst auch nicht geschlossen auftreten. Couré räumt ein, dass es Versuche, sich mit laxer Bankenregulierung zu unterbieten, auch innerhalb von Europa gibt. Außerdem zeigt sich, dass der französische Standpunkt, bis hin zu IWF-Chefin Lagarde, in Sachen Geld- und Finanzpolitik eher den amerikanischen als den deutschen Auffassungen gleicht. Unverhohlen heißt es immer wieder, Reformen in den südlichen Ländern der Euro-Zone sollten von einer offensiveren Finanzpolitik, sprich höherer Verschuldung, in den starken Ländern im Norden begleitet werden.

Und Schäuble steht wieder wegen der Nebenwirkungen der lockeren EZB-Geldpolitik in der Kritik. Denn der Euro hat seit Sommer 2014 gegenüber dem Dollar rund ein Viertel seines Wertes verloren. Die Euro-Schwäche hilft vor allem exportstarken Nationen, allen voran Deutschland. Waren „made in Germany“ werden so auf dem Weltmarkt günstiger - was nicht nur US-Präsident Donald Trump ein Dorn im Auge ist.

Schäuble dagegen verteidigt eisern seine Sparpolitik und schiebt wie gewohnt auch in Washington wieder die hohen Handelsüberschüsse Deutschlands auf die Politiker der EZB. Bislang hatte er oft gesagt, er wolle sich nicht zur unabhängigen EZB äußern. „Die ultra-lockere Geldpolitik, die in vielen Regionen betrieben wird, ist nicht hilfreich“, hieß es jetzt von ihm aber in der US-Hauptstadt. Wenn diese nicht geändert werde, könnte sich das Risiko für eine neue Krise erhöhen. Es wäre daher eine gute Idee, wenn die EZB dem Beispiel der Fed folgen würde.

Wäre die Geldpolitik anders, gäbe es kein Problem mit deutschen Handelsüberschüssen, so der Minister. Dann wäre das Plus in der Leistungsbilanz, die alle Zahlungsein- und -ausgänge einer Volkswirtschaft erfasst, nur noch bei rund vier Prozent und nicht bei 8,3 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung wie im Jahr 2016.

IWF-Chefin Christine Lagarde hatte zuletzt gesagt, sie könne mit einer Größenordnung von vier Prozent leben. Das gelte aber nicht für darüber liegende Werte. Überzeugt hat die Französin Schäuble aber offenbar noch nicht. Denn sie erneuerte fast zeitgleich zu den Reden Schäubles in Washington ihre Kritik. Das Problem müsse angegangen werden. Viele Experten, auch in Deutschland, fordern höhere Löhne und mehr staatliche Investitionen, um die Überschüsse zu verringern.

Die Amerikaner selbst kommen bei der Tagung wenig zu Wort. Typisch ist eine Äußerung des neuen Finanzministers Steven Mnuchin. „Wir haben in erster Linie das Wachstum in den USA im Auge“, sagt er. Aber fügt hinzu: „Davon profitiert ja auch der Rest der Welt.“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%