Jerusalem-Streit Neue Unruhen im Heiligen Land

Der Protest im Jerusalem-Streit geht weiter: Hunderte Palästinenser liefern sich Zusammenstöße mit israelischen Sicherheitskräften. Es gibt Verletzte - und insgesamt vier Tote seit Freitag.

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Mitglieder des bewaffneten Arms der Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas verbrennen eine Flagge der USA. Quelle: dpa

Nach israelischen Luftangriffen im Gazastreifen und Protesten im Heiligen Land gegen die Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt durch die USA ist die Zahl der getöteten Palästinenser auf vier gestiegen. Dies teilte das palästinensische Gesundheitsministerium am Samstag mit. Im Westjordanland, in Ost-Jerusalem und im Gazastreifen kam es erneut zu Unruhen.

Mindestens 92 Menschen wurden nach Angaben des palästinensischen Rettungsdienstes Roter Halbmond verletzt, unter anderem in Bethlehem. Die israelische Polizei meldete vier verletzte Polizisten. 13 Palästinenser wurden festgenommen.

Bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen wurden in der Nacht zu Samstag zwei Menschen getötet und 15 verletzt. Unter den Verletzten befinde sich auch ein sechs Monate altes Baby, teilte das palästinensische Gesundheitsministerium mit. Die beiden Toten waren Mitglieder der radikal-islamischen Hamas gewesen, wie die Organisation selbst sagte.

Was Sie zum Streit um Jerusalem wissen müssen

Israels Luftwaffe reagierte mit dem Beschuss in Gaza auf Raketenangriffe aus der Küstenenklave. Sie griff nach Armeeangaben vier Standorte der radikal-islamischen Hamas an: zwei Waffenfabriken, ein Waffenlager und einen Militärstützpunkt. Bereits am Freitag waren bei Unruhen nach palästinensischen Angaben zwei Menschen getötet worden.

Die Arabische Liga befasst sich am Samstagabend in einer Dringlichkeitssitzung mit der umstrittenen Entscheidung von US-Präsident Donald Trump. Es wird erwartet, dass die Staatengemeinschaft bei ihrem Treffen in Kairo scharfe Kritik an der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels üben wird. In der Arabischen Liga sind 21 Staaten aus dem Nahen Osten und Nordafrika sowie die palästinensischen Autonomiegebiete zusammengeschlossen.

Trump hatte am Mittwoch entgegen internationaler Gepflogenheiten Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt. Israel beansprucht ganz Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt. Dieser Anspruch wird international nicht anerkannt. Die Palästinenser wollen in dem von Israel annektierten Ost-Jerusalem die Hauptstadt eines künftigen Palästinenserstaates ausrufen.

Die Hamas rief am Samstag die Palästinenser wegen Trumps Entscheidung erneut zu einem Aufstand (Intifada) gegen Israel auf.

Die für Sonntag angekündigte Übergabe der Kontrolle des Gazastreifens an die gemäßigte Palästinenserbehörde könnte sich weiter verzögern. Am Samstag gab es von der Autonomiebehörde keine Informationen über einen möglichen Zeitplan. Die noch im Gazastreifen herrschende Hamas nannte erneut Sonntag als geplanten Tag der Übergabe, gab aber keine weiteren Details bekannt.

Die beiden größten Palästinenserorganisationen, die Fatah von Präsident Mahmud Abbas sowie die Hamas, hatten nach mehr als zehnjährigem Bruderzwist am 12. Oktober in Kairo ein Versöhnungsabkommen unterzeichnet. Im Zuge der Jerusalem-Krise hatten beide Seiten ihre Absicht bekräftigt, die innerpalästinensische Spaltung zu überwinden.

Am Freitagabend war eine Rakete aus dem Gazastreifen in der südisraelischen Stadt Sderot eingeschlagen. Nach einem Bericht der Tageszeitung „Haaretz“ wurden Autos beschädigt, Verletzte gab es keine. Die israelische Raketenabwehr fing ein weiteres Geschoss ab, von einer dritten Rakete wurde zunächst kein Einschlag gemeldet.

„Die Raketen, die auf israelische Gemeinden abgefeuert wurden, sind ein schwerer Akt der Aggression“, teilte die Armee mit. „Die Hamas ist verantwortlich für diese Angriffe, die das Leben von Zivilisten bedrohen, und alle Aktionen, die vom Gazastreifen ausgehen.“

Zwei radikale Palästinensergruppierungen bekannten sich am Samstag zu den Raketenangriffen: sowohl die Al-Aksa-Brigaden, der militärische Arm der Fatah-Bewegung, als auch die Gruppe Volkswiderstandskomitees, die der Hamas nahesteht. Die Al-Aksa-Brigaden folgen nicht der Linie von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der als gemäßigter gilt.

Trump hat angesichts der Unruhen zu „Ruhe und Mäßigung“ aufgerufen. Das sagte Trumps Sprecher Raj Shah zu Journalisten an Bord der Präsidentenmaschine Air Force One, die Trump am Freitagabend (Ortszeit) zu einer Veranstaltung nach Florida brachte. Shah betonte, dass Trump weiterhin eine „dauerhafte Friedensvereinbarung zwischen Israelis und Palästinensern“ anstrebe.

Der Chefdiplomat des Papstes, Kardinal Pietro Parolin, bezeichnete die neue Gewalt im Heiligen Land als beunruhigend. „Hoffen wir, dass jetzt nicht ein Prozess beginnt, der mehr Gewalt und Spannungen bringt“, sagte der Kardinalstaatssekretär dem Sender TV2000 am Freitag in einem Interview.

Eine Interessensvertretung der Flüchtlingslager der Vereinten Nationen im Westjordanland erklärte am Samstag, Mitarbeitern mit US-Pässen den Zutritt zu ihren Büros verweigern zu wollen.

Diese Länder haben weltweit das beste Image
Beliebt oder unbeliebt – das gilt nicht nur für Stars, sondern auch für Länder. Einmal jährlich misst der Anholt-GfK-Nation-Brands-Index das Ansehen von 50 Staaten weltweit. Dazu werden mehr als 20.000 Menschen aus 18 verschiedenen Ländern befragt. Das Ranking zeigt: Ein Land hat beim Ansehen in diesem Jahr einen deutlichen Rückschlag hinnehmen müssen. Quelle: dpa
Platz 10: SchwedenDas nordeuropäische Land bleibt in den Top Ten. Während im vergangenen Jahr alle Top-Ten-Staaten Verluste hinnehmen mussten, kann Schweden beim Image wieder deutlich zulegen. Ob die berühmten Köttbullar dazu beitragen? Quelle: dpa
Platz 9: AustralienEbenfalls seinen Rang verteidigen konnte Australien. Wie schon im vergangenen Jahr liegt das Land auf Rang neun. Das beliebte Tourismusziel punktet wahrscheinlich auch mit seinen schönen Aussichtspunkten – besonders mit seinem bekanntesten Wahrzeichen, dem riesigen Sandstein Uluru. Quelle: dpa
Platz 8: SchweizAllem Ärger um Steuer-CDs zum Trotz: Die Schweiz verharrt auf Platz acht. Quelle: dpa
Platz 7: ItalienFerrari, Pizza, Pasta – eigentlich kommen aus Italien schöne Sachen, die das Image fördern. Doch es gibt auch schlechte Nachrichten: Italien ist Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum in Europa und hat einen Platz beim Image-Ranking verloren. 2016 lag das Land noch auf Platz sechs. Quelle: dpa
Platz 6: USA„America first“ – der Trump’sche Schlachtruf hat das Image der Vereinigten Staaten deutlich beschädigt. Das zeigt das Ranking der USA im Bereich Regierung, in dem das Land im Vergleich zum Vorjahr um vier Plätze – von Rang 19 auf Rang 23 – absackte. Das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ ist auch die einzige Nation, deren Gesamtpunktestand im Vorjahresvergleich gefallen ist. Das bedeutet einen Abstieg von Platz eins auf Platz sechs. Doch nicht in allen Bereichen leidet das Ansehen der Vereinigten Staaten: Bei Kultur (Platz 2), Exporte (Platz 2) und Immigration/Investition (Platz 5) liegen die USA in den Top 5. Quelle: REUTERS
Platz 4: JapanDa der vierte Platz in diesem Jahr zweimal vergeben wurde, entfällt Platz fünf. Beginnen wir mit dem Aufsteiger, Japan. Das Land macht einen Sprung von Rang sieben auf Rang vier. Vor allem in der Kategorie Exporte, also beim Ansehen der exportierten Produkte, konnte Japan punkten und liegt dort sogar auf Platz eins, aber auch die Bereiche Immigration/Investition und Kultur werden weltweit positiv wahrgenommen. Quelle: REUTERS

Der Palästinensische Apothekerverband rief zu einem Boykott von Medikamenten aus den USA auf.

Als Reaktion auf Trumps Erklärung war es seit Donnerstag zu Unruhen im Heiligen Land gekommen. Am Freitag waren Tausende Palästinenser nach den Freitagsgebeten in Jerusalem, dem Westjordanland und dem Gazastreifen auf die Straße gegangen. Vor allem Jugendliche verbrannten US-Flaggen und warfen Steine und Flaschen auf Soldaten.

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