Juncker bei Putin EU und Russland nähern sich wieder an

Erstmals nach zwei Jahren reden Kremlchef Putin und EU-Kommissionschef Juncker wieder miteinander. Die Zeichen stehen auf Annäherung. Doch neben der Ukraine sorgt ein Pipeline-Projekt weiter für Streit.

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Russlands Präsident Wladimir Putin (r.) mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Quelle: AP

Sankt Petersburg Die EU und Russland haben mit einem Besuch von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ein Zeichen der Wiederannäherung nach zwei Jahren Konflikt gesetzt. Am Rande des Internationalen Wirtschaftsforums (SPIEF) in St. Petersburg traf Juncker erstmals seit längerem mit Präsident Wladimir Putin zusammen.

Russland hoffe nach dem Treffen auf einen besseren Dialog über Energiefragen, sagte der russische Botschafter bei der EU, Wladimir Tschischow, am Donnerstag nach Agenturberichten. Hauptthema Putins mit Juncker seien die „zukünftigen Beziehungen zwischen Russland und der EU“ gewesen.

Bei dem in der EU nicht unumstrittenen Besuch verlangte Juncker in klaren Worten, Moskau solle die Minsker Vereinbarungen für Frieden in der Ukraine vollständig umsetzen. Nur dann könne Russland mit einer Aufhebung der Wirtschaftssanktionen rechnen, sagte er. „In diesem Punkt ist die Position der EU sehr einig.“ Zugleich trat Juncker dafür ein, trotz Misstrauen zwischen Russland und der EU im Gespräch zu bleiben und die wirtschaftlichen Beziehungen auszubauen.

Wegen der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim und der Militärhilfe für prorussische Separatisten in der Ostukraine hatte die EU 2014 Sanktionen gegen Moskau verhängt. Diese sollen im Sommer verlängert werden. Juncker sagte, dass seine Reise nach Russland von einigen EU-Staaten kritisiert worden sei. „Ich bin froh, hier zu sein“, betonte er jedoch. Bei dem Treffen mit Putin sei es nicht um die Sanktionen gegangen, sagte Botschafter Tschischow.

In seiner Rede vor dem Forum kritisierte Juncker indirekt das derzeit größte russisch-europäische Investitionsvorhaben, die umstrittene Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. „Wir müssen sicher sein, dass alle Länder in Mittel- und Osteuropa gleichberechtigten Zugang zu Energielieferungen haben“, sagte er. „Ich habe eine große Vorliebe für Pipelines, die verbinden, nicht Pipelines, die trennen.“

Die osteuropäischen EU-Mitglieder und die Ukraine fürchten, durch eine weitere Leitung zwischen Russland und Deutschland vom Gastransit abgekoppelt zu werden. Dagegen verteidigte der Vorstandschef des russischen Staatskonzerns Gazprom, Alexej Miller, das Vorhaben. „Das ist ein wirtschaftlich hocheffizientes Projekt“, sagte er. An dem Bau der Doppelröhre mit 55 Milliarden Kubikmeter Kapazität im Jahr sind von deutscher Seite die BASF-Tochter Wintershall sowie die Eon-Abspaltung Uniper beteiligt.

Gazprom und Royal Dutch Shell vereinbarten auf dem Forum eine Zusammenarbeit bei Flüssiggas. Unter anderem soll im Ostseehafen Ust-Luga bei St. Petersburg ein Gasverflüssigungswerk mit einer Jahreskapazität von zehn Millionen Tonnen gebaut werden.

Putin sprach auch mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon unter anderem über die Lage im Bürgerkriegsland Syrien. An diesem Freitag will der Kremlchef zu Wirtschaftsführern aus dem In- und Ausland sprechen. Ehrengast ist Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi. Das Wirtschaftsforum mit etwa 10 000 Teilnehmern dauert noch bis Samstag.

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