Kampf um die Krim Putin will Kampftruppen auf die Krim schicken

Die Lage auf der ukrainischen Halbinsel Krim spitzt sich zu. Russland hat einem Einsatz seiner Streitkräfte auf der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim zugestimmt. Kremlchef Wladimir Putin sprach am Samstag angesichts der „außergewöhnlichen Situation“ auf der Krim von der Notwendigkeit, die russischen Bürger sowie die dort stationierten Streitkräfte zu schützen.

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Russische Soldaten bewachen mehrere Flughäfen der Halbinsel Krim. Quelle: AP

Das teilte die Präsidialverwaltung der Agentur Interfax zufolge mit. Präsident Putin hatte dafür den Föderationsrat um Erlaubnis angerufen. Der Einsatz sei so lange nötig, bis sich die Lage normalisiert habe. Das russische Oberhaus genehmigte die Intervention, um Blutvergießen zu verhindern. Zuvor hatte Föderationsratschefin Valentina Matwijenko gesagt, dass der Einsatz eines begrenzten Kontingents an Streitkräften möglich sei. Um welche Truppenstärke es sich handelte, war zunächst nicht klar.

Russland hat in der Krim-Stadt Sewastopol seine Schwarzmeerflotte stationiert. Die Erlaubnis eines Militäreinsatzes könnte sich auf dieses Kontingent beziehen, nähere Angaben dazu gab es aber zunächst nicht. Ukrainische Behörden hatten zuvor behauptet, es seien 2000 russische Soldaten auf der Krim gelandet. Eine Bestätigung gab es dafür aber nicht.

Die Streitkräfte des Landes wurden in Alarmbereitschaft versetzt, weil Russland nach Angaben der Regierung in Kiew zuletzt 6000 Soldaten in das Land verlegte. Die Ukraine warf Russland deshalb eine „militärische Invasion und Besatzung“ vor und appellierte an Moskau, die Soldaten zurückzubeordern. Die ukrainische Küstenwache ist sogar in Kampfbereitschaft versetzt worden. Die Schiffe der Grenzschützer verließen ihren Heimathafen auf der Halbinsel Krim, um die Eroberung von militärischen Stützpunkten und Schiffen zu verhindern, sagte ein Angehöriger des Grenzschutzes der Agentur Interfax.

Obama warnt Russland vor Intervention in der Ukraine

Der pro-russische Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow hatte am Samstagmorgen angekündigt, vorübergehend die Befehlsgewalt auf der Halbinsel zu übernehmen. Die Truppen des Innenministeriums, des Geheimdienstes SBU sowie die Flotte, der Zivilschutz und andere Dienste hätten nun seinem Kommando zu folgen, teilte er laut der Agentur Interfax mit. "Wer nicht einverstanden ist, den bitte ich, den Dienst zu verlassen", sagte er.

Die russische Staatsduma rief Kremlchef Putin dazu auf, der neuen moskautreuen Regierung auf der Halbinsel Krim Beistand beim Schutz der Bürger zu leisten. Es seien Schritte für eine Stabilisierung der Lage dort nötig, sagte Parlamentschef Sergej Naryschkin am Samstag der Agentur Interfax zufolge.

Der Föderationsrat hatte zuvor bekannt gegeben, dass er den Einsatz eines begrenzten Kontingents an Streitkräften für zulässig halte. Die Kammer lasse diese Möglichkeit zum Schutz der Bürger und der russischen Schwarzmeerflotte zu, sagte Föderationsratschefin Valentina Matwijenko am Samstag der Agentur Interfax zufolge. Die Entscheidung für einen Militäreinsatz liege aber bei Putin.

Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow geht im Streit um die Halbinsel unterdessen in die Offensive: Er erklärte am Samstag die Wahl des pro-russischen Krim-Regierungschefs Sergej Aksjonow für ungültig.

Merkel: "Konflikt friedlich lösen"

Soldaten besetzen die Krim
Militärisches Personal, vermutlich russische Streitkräfte, außerhalb ukrainischen Territoriums Quelle: REUTERS
Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow hat von einer Invasion und Besetzung durch russische Soldaten gesprochen. 6000 russische Soldaten befinden sich mittlerweile in der Ukraine. Die Regierung in Moskau hat sich im jüngsten ukrainischen Machtkampf auf die Seite des inzwischen abgesetzten Präsidenten Viktor Janukowitsch gestellt, der sich gegenwärtig in Russland aufhält. Quelle: REUTERS
Doch stehen die Ukrainer nicht geschlossen gegen die russische Invasion. Auf der Krim gibt es eine bedeutsame pro-russische Bewegung. Das Parlament in Kiew hatte vor kurzen ein Sprachengesetz abgeschafft, das besonders die russische Minderheit - auch auf der Krim - geschützt habe, so Russlands Außenminister Tschurkin. Quelle: REUTERS
Die Ukraine hat die Streitkräfte auf der Halbinsel Krim in Alarmbereitschaft versetzt. Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk erklärte aber, sein Land werde sich nicht durch russische Provokationen in einen militärischen Konflikt ziehen lassen. Quelle: AP
Trotz der Militär-Invasion geht das Leben in der Krim aber weiter. Vor einer Lenin-Statue küsste sich heute ein frisch-vermähltes Paar. Quelle: REUTERS
Truppen in nicht gekennzeichneten Uniformen stehen vor einer Behörde in der Kleinstadt Balaklava vor den Toren Sevastopols. Lediglich ein Enblem auf einem der Fahrzeuge zeigt, dass es sich um Mitglieder des russischen Militärs handelt. Quelle: AP
Die Lage auf der Krim ist trotz diplomatischer Bemühungen auch am Sonntagmorgen weiter angespannt. Barack Obama hat in der Nacht eineinhalb Stunden mit Putin telefoniert und zum Truppenabzug aufgefordert. Doch der russische Präsident hält weiter Stellung auf der Krim. Quelle: AP


Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Forderung nach territorialer Unversehrtheit der Ukraine bekräftigt. „Was auf der Krim geschieht, besorgt uns“, sagte Merkel am Samstag bei einer Veranstaltung der EU-Kommission in Berlin. Sie stehe im Telefonkontakt mit den Verantwortlichen in Kiew, in Russland und mit US-Präsident Barack Obama.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verlangte von Moskau, unverzüglich Klarheit über die russischen Ziele auf der Krim zu schaffen. Er sprach von einer gefährlichen Entwicklung: „Wer jetzt weiter Öl ins Feuer gießt, mit Worten oder Taten, setzt bewusst auf Eskalation.“
„Alles, was Russland auf der Krim tut, muss in vollem Einklang stehen mit der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine und den Verträgen über die russische Schwarzmeerflotte“, verlangte Steinmeier. Man werde die russische Regierung an ihren Zusagen messen. „Dazu gehört, dass Russland jetzt nicht nur unverzüglich volle Transparenz über die Bewegungen seiner Truppen auf der Krim, sondern auch über seine dahinter stehenden Ziele und Absichten herstellt.“
Steinmeier betonte, Deutschland sei mit seinen Partnern in enger Abstimmung. „Aus meiner Sicht ist es nötig, dass wir Europäer schnell zusammenkommen, um eine gemeinsame Haltung der Europäischen Union abzustimmen.“

Vor dem UN-Sicherheitsrat, wo sich die Ukraine über russische Grenzverletzungen beschwerte, sprachen deren Vertreter von elf Militärhubschraubern und militärischen Transportflugzeugen, die auf ukrainisches Staatsgebiet gebracht worden seien.
Das ukrainische Parlament hatte sich offiziell an den UN-Sicherheitsrat gewandt, damit sich dieser mit der Krise im Land und der möglichen Bedrohung durch Russland befasst. Russland ist eines der fünf ständigen Mitglieder im mächtigsten UN-Gremium und hat dort ein Vetorecht.
Die USA und Großbritannien warben für eine Vermittlungsmission und brachten dafür die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ins Gespräch. Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin wandte sich jedoch gegen „eine auferlegte Mediation“.

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