Kirchen-Anschlag in Frankreich Beide Täter waren den Behörden bekannt

Zwei Tage nach dem Mord an einem Priester ist auch die Identität des zweiten Täters geklärt. Nach dem Anschlag wird die Sicherheitsdebatte in Frankreich schärfer – manche werfen der Regierung sogar Mitschuld vor.

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In einer französischen Kirche töteten zwei islamistische Attentäter einen Priester. Beide waren vorher im Visier der Behörden. Quelle: dpa

Paris Beide Täter des islamistischen Anschlags in einer französischen Kirche waren wegen Terrorverdachts bereits im Visier der Behörden. Der zweite Angreifer wurde anhand von DNA-Proben als der 19-jährige Abdel-Malik Nabil Petitjean identifiziert, wie eine Sprecherin der Pariser Staatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilte. Zu ihm gab es nach übereinstimmenden Berichten französischer Medien seit kurzem einen Eintrag in einer Datenbank, die als radikalisiert eingestufte Personen auflistet.

Der stellvertretende Vorsitzende der konservativen Republikaner, Laurent Wauquiez, verlangte den Rücktritt von Premierminister Manuel Valls. Die Regierung sei „schuldig, nicht genug getan zu haben“, um die Anschläge zu verhindern, sagte er der Zeitung „Le Figaro“. Nach dem Anschlag von Nizza vor zwei Wochen hatte sich die Sicherheitsdebatte in Frankreich deutlich verschärft. Erste Enthüllungen über die Täter aus der Kirche lieferten der Opposition neue Munition für ihre Forderungen nach einer weiteren Verschärfung der Anti-Terror-Gesetze.

Die Republikaner wollen unter anderem die Internierung von als gefährlich eingestuften Radikalen, die sich noch keines Verbrechens schuldig gemacht haben. Die Regierung warnt dagegen vor einer Aufgabe des Rechtsstaats. „Willkür ist nicht akzeptabel“, sagte Justizminister Jean-Jacques Urvoas der Zeitung „Le Monde“. Er lehne eine „Guantanamoisierung“ des Rechts ab.

Die beiden Terroristen hatten am Dienstag während der Morgenmesse in einer Kirche nahe Rouen Geiseln genommen und den Priester umgebracht. Sie wurden von der Polizei erschossen, die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Tat für sich und veröffentlichte am Mittwochabend auch ein Video, das die beiden Männer zeigen soll - die Echtheit konnte zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

Den ersten Angreifer identifizierten die Ermittler kurz danach als Adel Kermiche. Der ebenfalls 19-Jährige stand wegen Terrorverdachts unter Aufsicht der Justiz, war aber mit einer elektronischen Fußfessel aus der Untersuchungshaft entlassen worden.

Der erst jetzt identifizierte zweite Angreifer geriet dagegen offenbar erst vor kurzem ins Blickfeld der Behörden. Der Grund: Er soll versucht haben, nach Syrien zu reisen. Der Sender France Info meldete, Petitjean sei im Juni in der Türkei gewesen. Die dortigen Behörden hätten die Franzosen aber erst informiert, als er schon zurückgekehrt war - daraufhin sei er in die besagte Datenbank aufgenommen worden. Am Freitag vor dem Anschlag warnte die französische Anti-Terror-Koordinationsstelle nach Informationen der Zeitung „Le Monde“ vor einem Mann, dessen Foto Petitjean ähnelt - ohne das Bild aber mit diesem Namen in Verbindung zu bringen.

Petitjean lebte zuletzt im Kurort Aix-les-Bains östlich von Lyon - mehr als 600 Kilometer vom Tatort entfernt. Woher sich die beiden Attentäter kannten, war zunächst nicht bekannt.

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