Kommentar zu Mays Brexit-Plänen Auf die harte Tour

Die britische Premierministerin Theresa May geht in die Offensive und schickt Drohungen in Richtung der „europäischen Partner und Freunde“. Das ist ein riskantes Spiel, das Brüssel kaum mitmachen wird. Ein Kommentar.

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Die Zukunft, die man sich in London vorstellt, ist nicht mehr eng mit der des europäischen Kontinents verknüpft. Quelle: AFP

Die Brexit-Befürworter in Großbritannien – und im Rest der Welt – werden jubeln. Mit deutlichen Worten hat die britische Premierministerin Theresa May am Dienstag ihre Vorstellungen zur Zukunft ihres Landes publik gemacht. Am Brexit – für den im vergangenen Sommer nur eine knappe Mehrheit der Briten gestimmt hatten – ist nicht mehr zu rütteln: Großbritannien steigt aus der Europäischen Union (EU) aus.

Keine Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft, im EU-Binnenmarkt oder in der Zollunion, denn dann würde man nicht die Kontrolle über die Einwanderung zurückerhalten und sich nicht vom Europäischen Gerichtshof lossagen können.

Statt der Mitgliedschaft in dem europäischen Club, in den Großbritannien 1973 eingetreten war, will May einen „umfassenden Freihandelsvertrag“ mit der EU schließen. Zugleich sieht die Premierministerin ihr Land auf dem Weg zu einer „großen, globalen Handelsnation“.

Die Zukunft, die man sich in London vorstellt, ist nicht mehr eng mit der des europäischen Kontinents verknüpft. Kein Wunder, dass man sich so freute, als der designierte US-Präsident Donald Trump verkündete, er wolle bald mit Großbritannien über ein gemeinsames Handelsabkommen sprechen.

Dass May nun so in die Offensive geht und sogar Drohungen in Richtung der „europäischen Partner und Freunde“ schickt, indem man sich als Steuerparadies für internationale Unternehmen ins Spiel bringt, ist jedoch riskant. Schließlich gehen 44 Prozent der Exporte des Landes in die EU. Sollte es Zölle oder Einfuhrbeschränkungen geben, würde das der britischen Wirtschaft schwer schaden – sicher mehr als europäischen Unternehmen.

Die Verhandlungen mit der EU haben noch nicht begonnen und es wird dauern, bis man Handelsbeziehungen mit anderen Ländern oder Regionen aufgebaut hat. In der Situation hohe Forderungen zu stellen, mag aus verhandlungstaktischen Gründen nachvollziehbar sein – aber es ist gewagt.

May hat Recht in ihrer Einschätzung, dass es nicht im Interesse der EU ist, im Schlechten mit Großbritannien auseinander zu gehen. Doch das Entgegenkommen von Brüssel dürfte allein mit Blick auf derartige Drohungen begrenzt sein. Die Gefahr, dass es zu dem von allen Seiten befürchteten Scheidungskrieg kommt, ist groß.

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