Kommentar zu Rechtspopulisten Das kann Trump nicht lange durchhalten

In der Präsidentschaft von Donald Trump liegt auch eine Chance für Europa: Dass die Realität den Populismus des 45. US-Präsidenten entlarvt – hoffentlich möglichst schnell. Ein Kommentar.

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Trumps Ziele aber sind ebenso wie die seiner europäischen Nacheiferer von tiefen Widersprüchen durchzogen. Quelle: AP

Den neuen US-Präsidenten Donald Trump will Papst Franziskus nicht direkt kritisieren, aber seine Worte gegen die Populismuswelle in den USA und in Europa könnten klarer nicht sein: In Krisenzeiten suchten die Völker nach „Rettern“, die sie „mit Mauern und Stacheldraht vor anderen Völkern“ beschützen sollten. Das Urteilsvermögen funktioniere in Krisenzeiten nicht. Und der Papst zieht sogar eine Parallele zu Adolf Hitler: „Er wurde von seinem Volk gewählt, und danach hat er sein Volk zerstört.“

Franziskus‘ Sorgen sind zweifelsfrei berechtigt. Die Rechtspopulisten stärken sich dieser Tage gegenseitig. Wer Marine Le Pen in Frankreich, oder Geert Wilders in den Niederlanden oder Frauke Petry in Deutschland zuhört, der erlebt triumphierende Surfer auf der Trumpwelle. „Gestern ein freies Amerika, (...) und morgen ein neues Europa“, ruft Wilders, Petry will wie Trump „den Weg aus der Sackgasse“ weisen – und Le Pen fordert ein „Aufwachen“ Europas.

Nach ihrer Logik sind die USA jetzt also aufgewacht – und unter dem neuen US-Präsidenten soll alles besser werden. Weniger Einwanderer, weniger Freihandel, mehr Jobs, mehr „America first“. So einfach die Rezepte. Warum ist denn da nicht früher jemand drauf gekommen?

Trumps Ziele aber sind ebenso wie die seiner europäischen Nacheiferer von tiefen Widersprüchen durchzogen. Die Abschottung der US-Wirtschaft wird mit der Zeit auch Jobs und Wohlstand kosten, seine Bildungs- und Gesundheitspolitik sind nur zwei von vielen Feldern, auf denen er die, die von nun an angeblich „nie mehr vergessen werden“ sollen, völlig vergisst, der weitgehende Rückzug aus der Außenpolitik als Weltgestalter wird ihm auf vielen Feldern auch die Mitsprache nehmen – kann das jemand mit so viel Machtanspruch durchhalten? Hinzu kommen Trumps Interessenkonflikte mit seiner Firma.

Mit seiner Antrittsrede hat Trump gezeigt, dass er sich bisher keinen Schritt von seiner populistischen Wahlkampfrhetorik in Richtung präsidiale Politikgestaltung bewegt hat. Desillusionierungen werden bei seinen Anhängern über kurz oder lang einsetzen. Finnland ist das beste Beispiel: Seitdem die rechtspopulistische Partei „Die wahren Finnen“ an der Regierung beteiligt ist, sind ihre Umfragewerte abgestürzt. Im Realitätstest funktionieren viele der allzu einfachen Strategien der Rechtspopulisten nicht und verlieren ganz schnell ihre verführerische Strahlkraft.

Die Frage ist nur, ob Trumps Selbstdemaskierung rechtzeitig geschieht, um die in Europa, die sich von den allzu einfachen Rezepten der Rechtspopulisten angesprochen fühlen, ins Grübeln zu bringen, bevor sie ihre Wählerstimme in ihrem jeweiligen Land abgeben.

Dieses völlig unklare Timing ist entscheidend, ob die Trumpwelle den europäischen Populismussurfern zum triumphalen Manöver verhilft oder vielleicht doch so früh bricht, dass sie ins Wasser fallen. Bei aller berechtigten Sorge vor und dem Verständnis für die Gründe der großen Populismuswelle, ist der Realitätstest eine Chance, die uns dieser Tage ein wenig Hoffnung geben könnte.

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