Konjunkturbremse OECD empfiehlt Großbritannien Brexit-Absage

Die OECD warnt vor einer Wirtschaftsflaute nach dem Brexit. Ein ungeordneter Brexit würde dem Handel erheblich schaden. Die ersten Folgen sind in Großbritannien bereits zu sehen: Die Ökonomen senken ihre Wachstumsprognosen.

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OECD empfiehlt Großbritannien Brexit-Absage Quelle: AP

London Die OECD mischt sich in die Brexit-Debatte ein: Großbritannien müsse die „engstmögliche wirtschaftliche Beziehung“ zur EU anstreben, um die Folgen des Ausstiegs zu minimieren, schreibt die Organisation der Industrieländer in ihrem aktuellen Länderbericht. Ein ungeordneter Brexit würde dem Handel erheblich schaden.

Die Pariser Ökonomen sagen es nur indirekt, aber sie lassen keinen Zweifel daran: Am besten wäre es, den Brexit ganz abzusagen. „Sollte der Brexit durch eine politische Entscheidung (wechselnde Mehrheit, neues Referendum) rückgängig gemacht werden, wäre die positive Wirkung auf das Wachstum bedeutend“, heißt es in dem Bericht.

Die durch den Brexit verursachte Unsicherheit belastet die Wirtschaft bereits jetzt. Investitionen werden aufgeschoben oder gleich umgeleitet. Erschwerend hinzu kommt die niedrige Produktivität in Großbritannien: Seit Jahrzehnten hinkt das Land international hinterher. Zuletzt ist die Produktivität weiter gesunken. Die OECD erwartet daher nur noch ein Prozent Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr.

OECD-Generalsekretär Angel Gurria appellierte an die Brexit-Unterhändler in Brüssel, sich nicht an bestimmten Zeitplänen und Fristen festzubeißen. Es komme darauf an, den Austritt aus der EU so glatt wie möglich zu organisieren.

In den Tagen vor dem EU-Gipfel, der ab Donnerstag eine Zwischenbilanz der Brexit-Verhandlungen ziehen will, mehren sich die Appelle an die Regierungschefs.

In Brüssel forderte der europäische Arbeitgeberverband BusinessEurope, möglichst schnell eine Übergangsphase nach dem Brexit-Stichtag im März 2019 zu vereinbaren.

In London warnte der britische Finanzverband TheCityUK, dem Finanzsektor würden im Fall eines ungeordneten Brexits Einnahmen von bis zu 22,5 Milliarden Euro entgehen. Zudem seien bis zu 75.000 Jobs auf der Insel in Gefahr. Spätestens im ersten Quartal 2018 müssten die Unternehmen Klarheit haben, wie es ab März 2019 weitergeht, um die Weichen zu stellen.

Sorge macht der britischen Regierung auch die hohe Inflation. Die Inflationsrate stieg im September auf drei Prozent, den höchsten Stand seit fünf Jahren. Sie erhöht den Druck auf die britischen Haushalte, da die Gehälter nur um zwei Prozent wachsen. Das Leben wird teurer, die Verbraucherlaune sinkt.

Die Inflationsrate habe ihren Höhepunkt noch nicht erreicht, sagte der Gouverneur der Bank of England, Mark Carney, am Dienstag vor dem Finanzausschuss des Unterhauses. Ökonomen und Anleger erwarten daher bei der nächsten Sitzung der Währungshüter im November die erste Zinserhöhung seit der Finanzkrise. Dieser Schritt soll die Preissteigerungen bremsen – es wäre aber auch ein weiterer Dämpfer für die Konjunktur.

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