Kosovo Bündnis ehemaliger Rebellen gewinnt Parlamentswahl

Ein Bündnis von Ex-Rebellen hat bei der Parlamentswahl im Kosovo die Mehrheit der Stimmen geholt und möchte mit Ramush Haradinaj den Ministerpräsidenten stellen. Das Verhältnis mit Serbien könnte darunter leiden.

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Nach dem Wahlerfolg spricht der Spitzenkandidat des Bündnisses der Ex-Rebellen zu seinen Anhängern und Unterstützern. Quelle: Reuters

Pristina Ein Bündnis von Parteien ehemaliger albanischstämmiger Rebellenkommandeure hat die Parlamentswahl im Kosovo gewonnen. Das Bündnis erreichte am Sonntag rund 35 Prozent der Stimmen. Die Nationalisten der Bewegung für Selbstbestimmung und ein Bündnis unter Führung des früheren Ministerpräsidenten Isa Mustafa lagen nach der Auszählung von rund 70 Prozent der Stimmen Kopf an Kopf bei jeweils rund 26 Prozent, wie die Nichtregierungsorganisation Demokratie in Aktion mitteilte. Keine der Gruppen erreichte eine Mehrheit, mit er sie allein eine Regierung stellen könnte.

Der Sieg sei überzeugend, sagte der Spitzenkandidat des Bündnis der Ex-Rebellen und ehemaliger Kommandeur der Untergrundarmee der Kosovo-Albaner UCK, Ramush Haradinaj, der als Ministerpräsident nominiert wurde. Er würde das Amt nicht zum ersten Mal bekleiden. Haradinaj war bereits von Dezember 2004 bis März 2005 Ministerpräsident des Kosovos. Zudem war Haradinaj vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal angeklagt. Er wurde zweimal freigesprochen. Serbien betrachtet ihn jedoch weiter als Kriegsverbrecher.

Um die 120 Sitze bewarben sich Kandidaten von 19 Parteien, fünf Koalitionen und zwei Bürgerinitiativen. Sie alle versprachen Wirtschaftswachstum und größere Reisefreiheit für die Bürger. 20 Parlamentssitze sind für Serben und andere Minderheiten reserviert. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 42 Prozent. Das endgültige Ergebnis der Wahl wird im Laufe der Woche erwartet.

Das neue Kabinett sieht sich einigen schwierigen Aufgaben gegenüber, darunter auch ein Abkommen mit Montenegro über den Grenzverlauf zwischen den beiden Ländern. Eine entsprechende Abmachung mit dem Nachbarland wurde zwar 2015 unterzeichnet, ist aber ebenso wenig umgesetzt worden wie Autonomiezusagen an die Serben im Land.

Auch die Nationalisten der Bewegung für Selbstbestimmung feierten den Ausgang der Wahl, bei der sie ihren Stimmanteil verdoppeln konnten. Im vorherigen Parlament stiftete die größte Oppositionspartei häufig Unruhe und sorgte dafür, dass vor der Wahl keine Koalitionen eingegangen werden konnten. Die Partei nominierte den 42 Jahre alten Vorsitzenden Albin Kurti für den Posten des Ministerpräsidenten.

Die Nationalisten sind im Ausland vor allem durch ihr aggressives Gebaren im Parlament bekannt geworden, wo sie unter anderem Tränengas versprühten, um Abstimmungen über das Grenzabkommen mit Montenegro zu verhindern. Sie kritisieren, der Vertrag bedeute den Verlust von 80 Quadratkilometern Land für das Kosovo - eine Behauptung, der die Regierung und internationale Experten widersprechen.

Die ehemalige serbische Provinz Kosovo hatte sich 2008 für unabhängig erklärt. Inzwischen haben das Land 114 Staaten anerkannt, nicht aber Belgrad. Kosovaren müssen für Reisen in die Länder des Schengen-Abkommens ein Visum beantragen. Die letzte Regierung zerbrach im Streit, deshalb wurde die vorgezogene Wahl nötig. Ein weiteres Problem ist die Verfolgung mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Unabhängigkeitskrieg gegen Serbien 1998/1999.

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