Kredithilfe Die Rechnung für Deutschland steigt

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Szenario 3 - Verloren

Euro Szenario 3 Quelle: DIW

Zu stark klaffen die politischen Interessen in der Euro-Zone auseinander. Deswegen ist es wahrscheinlich, dass sich die Politiker niemals auf eine klare Lösung des Griechenland-Problems einigen, sondern wie bisher ein halbherziger Kompromiss auf den anderen folgt. Doch irgendwann ist damit Schluss: Eine der europäischen Regierungen weigert sich, weiter Geld zu geben. Griechenland ist von einem auf den nächsten Tag zahlungsunfähig und kann nur noch 40 Prozent seiner Kredite tilgen und Zinsen zahlen. Versicherer, Pensionsfonds und Banken werden von der Pleite kalt erwischt. Sie müssen Milliarden abschreiben.

Auf den Märkten bricht Chaos aus. Die Kurse für Finanzaktien stürzen ab, deutsche und französische Geldhäuser brauchen frisches Kapital, auch einigen Pensionsfonds und Versicherern geht die Luft aus. Mit hohen Zinsen buhlen sie um das Geld der Investoren und treiben damit die Refinanzierungskosten weltweit für alle Unternehmen in die Höhe. Der Interbankenmarkt steht wie nach der Lehman-Pleite im Herbst 2008 still, kein Institut traut dem anderem mehr über den Weg. Besonders gefürchtet sind die Ausfallversicherungen für Staatsanleihen der Krisenländer – die für Griechenland werden nun fällig.

Die Hellenen aber trifft es am schlimmsten. Da für das Land keine Hoffnung mehr besteht, sind der EZB die Hände gebunden. Die Frankfurter Zentralbank leiht den griechischen Instituten kein Geld mehr. Ihre Glaubwürdigkeit und der Zusammenhalt der Währungsunion stehen auf den Spiel. Das ist das Todesurteil für den griechischen Bankensektor. Der Flächenbrand beginnt.

Auch Iren und Portugiesen laufen auf dem schnellsten Weg zu ihrer Bank, heben ihr Erspartes ab und treiben ihr heimisches Finanzsystem als Nächstes in den Abgrund. Die Renditen für irische und portugiesische Anleihen erreichen Rekordstände. Den beiden Nationen bleibt nichts anderes übrig: Sie beantragen Insolvenz und wollen nur die Hälfte ihrer Schulden zurückzahlen. Ihre Wirtschaft liegt für die nächsten zehn Jahre brach. Das würde den Euro endgültig erschüttern, als Nächstes stünden Spanien und Italien auf der Kippe. Es wäre vollkommen ungewiss, wie es dann weitergeht. Sicher ist jedoch, für den deutschen Steuerzahler wird es teuer.

Eine Pleite von Griechenland, Irland und Portugal würde aus heutiger Sicht etwa 348 Milliarden Euro kosten. Darin enthalten sind auch die auf Deutschland entfallenden Verluste der EZB. Diese hat für mehr als 74 Milliarden Euro Anleihen von Portugal, Irland und Griechenland gekauft und für Kredite in dreistelliger Milliardenhöhe deren Staatspapiere als Sicherheit akzeptiert. Allein um der Zentralbank wieder auf die Beine zu helfen, würden Kosten in Höhe von 31 Milliarden Euro entstehen.

Szenario 4 - Umsorgt

Das Erbe von Staatsoberhäuptern wie Konrad Adenauer, Charles de Gaulle, Helmut Kohl und François Mitterrand steht auf dem Spiel. Die Politiker greifen daher tief in die Tasche. Griechenland kommt seinen Zahlungsverpflichtungen nach, dafür sorgen Transfers der übrigen Euro-Länder. Das könnte geschehen, indem der EFSF die Schulden der Griechen übernimmt. Das käme Deutschland teuer zu stehen: 177 Milliarden Euro würden in den nächsten zehn Jahren fällig.

Euro Szenario 4 Quelle: DIW

Doch dabei wird es nicht bleiben. Eine dauerhafte Transferunion würde das Risiko für die deutschen Steuerzahler noch höher ausfallen lassen, denn die Peripheriestaaten hätten faktisch keinen Anreiz mehr, ihre maroden Haushalte zu sanieren. Sie würden den verhältnismäßig niedrigen Zinssatz in der Euro-Zone nutzen und weiter Schulden anhäufen. Deutschland bliebe nicht anderes übrig, als regelmäßig neue Transfers zu leisten, solange die Währungsunion besteht.

Hinzu kommt: Garantieren die Staaten der Euro-Zone für die neuen Anleihen, die der EFSF emittiert, könnte es noch teurer werden. Sollten Krisenländer es nicht schaffen, die Zinsen zu zahlen, müsste erneut der deutsche Steuerzahler einspringen. Im Gegenzug könnten sich die Volkswirtschaften der Peripherie erholen und wirtschaftlich weiterentwickeln, wovon auch deutsche Unternehmen profitieren würden. Das Ergebnis wäre dann eine politische Union – doch um welchen Preis?

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