Das Horrorszenario machte an den Börsen schnell die Runde und schickte die Kurse vor allem in China, aber an vielen anderen wichtigen Börsenplätzen der Welt, auf Talfahrt. Der Leitindex CSI300 der Börsen von Shanghai und Shenzhen sackte zeitweise um sechs Prozent auf den tiefsten Stand seit Januar 2009. Allerdings holte er die Verluste fast wieder auf und schloss nur 0,3 Prozent im Minus. Denn die Anleger setzten auf ein positives Signal der Zentralbank.
Chinas Zentralbank hat inzwischen signalisiert, in ihrem Kampf gegen eine zu starke Kreditvergabe die Daumenschrauben nicht zu kräftig anzuziehen. "Wir werden die Markterwartungen stabilisieren und die Marktzinsen auf ein vernünftiges Niveau bringen", sagte inzwischen Ling Tao, Vize-Chef der Zentralbankregion Shanghai. "Die Liquiditätsrisiken im Bankensystem sind derzeit unter Kontrolle."
Währungshüter Ling versprach zudem kurz nach Börsenschluss, durch ein angemessenes Liquiditätsmanagement solle ein angemessenes Kreditwachstum sichergestellt werden. "Die Anleger interpretierten diese Aussagen als Bereitschaft der Zentralbank, im Notfall doch wieder einzugreifen und es nicht zu einer Kreditklemme kommen zu lassen", sagte ein Börsianer. Kurz danach teilte die Zentralbank mit, sie habe bereits Banken mit einem finanziellen Engpass Geld zur Verfügung gestellt und werde dies auch weiter tun. Insgesamt gebe es in China keine Liquiditätsnot.
Schwankungen halten an
Allerdings spricht einiges auch gegen ein Zusammenbrechen des chinesischen Bankensystems. Denn die meisten der dortigen Geldinstitute sind staatlich oder zumindest halbstaatlich. Kaum einer erwartet, dass der Staat als Gläubiger die Institute in die Pleite laufen lässt. „Dennoch dürften die Schwankungen an den Märkten noch einige Zeit anhalten“, sagt Bernhard Esser, Schwellenländer-Analyst der HSBC. Das gelte nicht nur für die Börsen, sondern auch für die Situation am Interbankenmarkt. Langfristig dürfte also erst das Eingreifen der Zentralbank wieder Ruhe in die chinesische Finanzwelt bringen.