Krieg in Syrien Rebellen stehen kurz vor Niederlage in Ost-Aleppo

Die Niederlage der Rebellen in Ost-Aleppo scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Die Zivilisten in der Stadt flehen um Hilfe. Ein Ende des Bürgerkrieges wäre aber auch mit dem Fall Aleppos nicht in Sicht.

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In this photo released by the Syrian official news agency SANA, two Syrian soldiers pass by a tank where government forces have captured wide areas in eastern Aleppo, Syria, Monday, Dec. 12, 2016. Syria's military said Monday it has regained control of 98 percent of eastern Aleppo, as government forces close in the last remaining sliver of a rebel enclave packed with fighters as well as tens of thousands of civilians. (SANA via AP) Quelle: AP

Damaskus In der umkämpften syrischen Stadt Aleppo stehen die Rebellen nach Angaben von Beobachtern kurz vor der Niederlage und kontrollieren nur noch einzelne Viertel. „Wir sehen das Ende der Kämpfe um Aleppo“, sagte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Auch die syrische Führung ist sich sicher, dass der Fall der Opposition in Aleppo nur noch eine Frage der Zeit sei. Internationale Politiker sind sich allerdings sicher, dass dies noch kein Ende des Krieges bedeuten würde. Mitte November hatte die syrische Armee mit ihren Verbündeten eine Großoffensive auf die Rebellengebiete in Ost-Aleppo gestartet.

Die Stadt ist seit Beginn der Kämpfe vor vier Jahren zwischen Regime und Opposition geteilt. Nach Angaben der Menschenrechtsbeobachter kontrollierten die Rebellen am Montag nur noch gut drei Prozent ihrer bisherigen Gebiete. Sollte das Regime nun auch noch die restlichen Viertel in Ost-Aleppo einnehmen, wäre das ein massiver Rückschlag für die Rebellen. In diesem Fall hätte die Regierung die Kontrolle über alle großen Städte des Bürgerkriegslandes zurückgewonnen.

Bewohner der verbliebenen Stadtviertel flehten in sozialen Netzwerken im Internet um Hilfe und fürchteten um ihr Leben. „Dies ist unser letztes SOS“, schrieb ein Bewohner. „Ich hoffe, dass wir das hier überleben“, sagte ein anderer Bewohner in einer Sprachnachricht. Menschen seien den Berichten zufolge unter Trümmern gefangen, ohne dass ihnen geholfen werden könne. Nach Angaben der Vereinten Nationen haben seit Beginn der Offensive mehr als 40 000 Menschen ihre Häuser im Osten der Stadt verlassen und befinden sich seitdem auf der Flucht. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete am Montag, allein seit Sonntag seien rund 13 000 Zivilisten in die von der Regierung kontrollierten Gebiete geflohen. Der Fall der Stadt sei nur eine Frage der Zeit, sagte der syrische Abgeordnete Firas al-Schehabi, der dpa. Den Rebellen bleibe keine Option mehr, außer sich zu ergeben.

Die Opposition betonte allerdings, dass sie auch angesichts einer möglichen militärischen Niederlage in Aleppo zu keinerlei Zugeständnissen bereit sei. „Wir arbeiten immer noch an einer politischen Lösung und an einem echten Übergang“, sagte der Führer des Hohen Verhandlungskomitees (HNC), Riad Hidschab. Einen Übergang unter Beteiligung von Präsident Baschar al-Assad schloss er aus. Trotz der Entwicklungen in Aleppo sieht auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) keine Anzeichen für ein schnelles Ende des Krieges in Syrien. „Auf ein Ende der Auseinandersetzung zu hoffen, ist eine Illusion“, sagte Steinmeier am Montag am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel. Der Fall von Aleppo werde zwar einen „Einschnitt“ darstellen, wahrscheinlich werde man danach aber einfach veränderte Auseinandersetzungen erleben.

Als Beispiel für seine Einschätzung nannte Steinmeier die jüngsten Ereignisse in der syrischen Oasenstadt Palmyra. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) war am Wochenende wieder in die antike Stadt einmarschiert, obwohl die Dschihadisten erst im März aus Palmyra vertrieben worden waren. Nach russischen Angaben hat sich die syrische Armee inzwischen aus der Stadt zurückgezogen. Russland ist ein wichtiger Verbündeter des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad im Kampf gegen die Aufständischen.

Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault warf Russland im Syrien-Konflikt Doppelzüngigkeit und „eine Art dauerhafter Lüge“ vor. „Einerseits sagt man, dass man verhandelt, um einen Waffenstillstand zu erreichen, andererseits führt man den Krieg weiter“, sagte Ayrault. Russland gebe zwar vor, in Syrien gegen den Terrorismus zu kämpfen, konzentriere sich aber auf Aleppo, während Palmyra dabei sei, wieder in die Hände des IS zu fallen.

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