Krieg in Syrien Russland unterstützt Assad mit Marschflugkörpern

Russland weitet seit Engagement in Syrien für das Assad-Regime aus – und geht mit Marschflugkörpern gegen oppositionelle Rebellengruppen vor. Dabei verletzt Moskau erneut den türkischen Luftraum. Ankara protestiert.

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Anfang der Woche hat Russland seiner Luft-Offensive in Syrien gestartet. Seither weitet Moskau sein Engagement immer weiter aus. Quelle: dpa

Beirut/Brüssel Syrische Regierungstruppen und verbündete Milizen haben mit Rückendeckung der russischen Luftwaffe am Donnerstag weitere Rebellenstellungen unter Beschuss genommen. Die Attacken hätten Zielen in der strategisch wichtigen Ghab-Ebene gegolten, teilte die oppositionelle Syrische Beobachterstelle für Menschenrechte mit. Die russischen Streitkräfte feuerten nach eigenen Angaben Marschflugkörper von Kriegsschiffen im Kaspischen Meer ab, die über den Iran und den Irak nach Syrien gelenkt wurden. Wegen der wiederholten Verletzung des türkischen Luftraums durch russische Kampfjets sicherte die NATO der Türkei ihre Unterstützung zu. Die Bundesregierung will die Patriot-Raketenabwehrbatterien der Bundeswehr jedoch wie geplant ab der kommenden Woche abziehen.

Eine Rebellen-Allianz unter Beteilung des Al-Kaida-Ablegers Nusra-Front hatte die Ghab-Ebene Ende Juli erobert. Kämpfer der Extremisten-Miliz Islamischer Staat (IS) halten sich dort nicht auf. Die Ebene grenzt an eine Bergkette, die das Kernland der alawitischen Glaubensgemeinschaft an der Westküste bildet, zu der Präsident Baschar al-Assad gehört. Die syrische Armee sprach von einer Großoffensive zur Befreiung des Gebiets von Rebellen. Die Beobachterstelle berichtete von einem Sperrfeuer durch Boden-Boden-Raketen und Angriffen russischer Flugzeuge. Dabei seien elf Rebellen und 13 Regierungssoldaten ums Leben gekommen.

An der Bodenoffensive nehmen nach früheren Angaben auch Kämpfer der vom Iran unterstützen schiitischen Hisbollah-Miliz teil. Das russische Verteidigungsministerium erklärte, die vom Kaspischen Meer aus abgefeuerten Lenkraketen hätten Waffenfabriken, Waffenlager, Kommandozentralen und Trainings-Camps der Aufständischen getroffen. In dem seit viereinhalb Jahren tobenden Bürgerkrieg sind bisher eine Viertelmillion Menschen gestorben; Millionen Syrer sind auf der Flucht.


USA werfen Russland unprofessionelles Handeln vor

Russland hat seine Luftangriffe zur Unterstützung Assads vor einer Woche gestartet und erklärt, sie dienten dem Kampf gegen die IS-Miliz. Der Westen wirft der Führung in Moskau jedoch vor, zumeist gegen andere Aufständische vorzugehen, darunter gemäßigte Gruppen, die sich gegen Assad verbündet haben. Eine von den USA geführte Koalition fliegt seit Monaten Luftangriffe gegen IS-Stellungen in Syrien und im Irak. Damit sind beide Großmächte direkt in das Kampfgeschehen in Syrien eingebunden, was aus Sicht der Bundesregierung die Gefahr einer direkten Konfrontation mit sich bringt, etwa durch Koordinationspannen.

So haben russische Kampfflugzeuge bei ihren Luftangriffen wiederholt türkisches Gebiet überflogen und damit Proteste der Regierung in Ankara und der Nato ausgelöst. Außerdem hat die russische Marine nach US-Angaben ihre Marschflugkörper ohne Vorankündigung fast 1500 Kilometer über den Iran und Irak bis nach Syrien fliegen lassen. US-Verteidigungsminister Ash Carter sprach von unprofessionellem Handeln. Das Vorgehen der russischen Militärs sei immer weniger berechenbar.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sicherte dem Nato-Mitglied Türkei zu, die Allianz sei zur Entsendung von Truppen bereit. „Die Nato ist bereit und in der Lage, alle Verbündeten zu verteidigen, darunter auch die Türkei“, sagte Stoltenberg in Brüssel vor einem Treffen der Nato-Verteidigungsminister. Zudem forderte er Russland zu einer konstruktive Rolle im Kampf gegen den IS auf. Dies sei nicht der Fall, solange Russland Assad unterstütze.

Die Nato hat 2013 Patriot-Einheiten aus drei Ländern in der Türkei stationiert, um Raketenangriffe aus Syrien abzuwehren. Deutschland und die USA wollen ihre Patriot-Systeme abziehen. Die Türkei appellierte bei dem Verteidigungsminister-Treffen an die Partner, die Abwehrraketen in der Türkei zu lassen. Dagegen bekräftigte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen den Abzugsbeschluss vom August: „Es ist die Frage, welche Gefahr wie gebannt werden kann, und in diesem Kontext ist diese Entscheidung (zum Abzug) richtig“, sagte sie. Deutschland will seine Patriot-Batterien kommende Woche abschalten und den Großteil der Soldaten vor Weihnachten nach Hause holen. Bis Ende Januar 2016 soll der Einsatz abgeschlossen sein. Außerdem hat Spanien noch Patriot-Systeme in der Türkei stationiert.

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