Krise in der Ukraine „Es ist ein Krieg im Gange“

Noch mehr Verletzte, noch mehr Chaos: In der ostukrainischen Stadt Slawjansk berichten prorussische von neuen Angriffen von Regierungstruppen. Der ukrainische Interimspräsident spricht von Krieg.

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Kein Ende der Gewalt: In Slawjansk wird weiter gekämpft. Quelle: dpa

Kiew/Slawjansk Der ukrainische Interimspräsident Alexander Turtschinow hat Russland Kriegstreiberei vorgeworfen. „Es ist ein Krieg gegen unser Land im Gange vonseiten der Russischen Föderation – sowohl im Osten als auch im Süden des Landes“, sagte Turtschinow dem Kiewer Fernsehsender 5. Kanal. Russland versuche weiter, die Lage vor der Präsidentenwahl am 25. Mai „völlig zu destabilisieren“.

Dabei habe Moskaus Führung im Osten der Ukraine ihre Pläne bereits verwirklicht. Auch das russische Staatsfernsehen strahlte am Montag den Teil des Interviews aus, in dem Turtschinow einräumte, dass es in der Region Sympathien für eine Abspaltung von der Ukraine gebe.

„Sagen wir doch mal ehrlich: Die Bürger dieser Regionen unterstützen die Separatisten, sie unterstützen die Terroristen, was die Durchführung der Anti-Terror-Operation erheblich erschwert“, sagte der Interimspräsident in dem auch in Moskau gezeigten Fragment.

Erschwerend komme hinzu, dass die Polizei mit den prorussischen Kräften sympathisiere. „Das ist ein kolossales Problem“, sagte Turtschinow. Der Politiker warf dem im Februar gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch vor, die „Provokationen“ zu finanzieren. Janukowitsch hält sich in Russland auf.

Die Ostukraine versinkt im Chaos: Militante prorussische Kräfte in der ostukrainischen Stadt Slawjansk berichten über neue Angriffe von Regierungstruppen. Mindestens fünf Angehörige der „Selbstverteidigungskräfte“ seien am Montag bei Feuergefechten schwer verletzt worden, teilte ein Sprecher des Stabs der Agentur Interfax mit. Angegriffen würden Posten am Stadtrand, hieß es. Prorussische Separatisten sind vor den Gefechten mit dem Militär geflohen. Mindestens zwei Radpanzer mit Separatisten verließen am Montag fluchtartig östliche Vororte der Stadt, die seit Tagen Ziel einer Großoffensive des ukrainischen Militärs ist.

„Wir sind durch einen dichten Ring (ukrainischer Einheiten) eingeschlossen. Viele Geschäfte machen zu, weil es keine Waren mehr gibt, mit denen zu handeln wäre“, sagte ein Sprecher der Aufständischen.

In dem strategisch wichtigen Slawjansk mit einem bedeutenden Eisenbahnknotenpunkt sind seit Tagen ukrainische Soldaten mit Panzerfahrzeugen, Hubschraubern und Gefechtswagen im Einsatz. Dabei gab es nach offiziellen Angaben zahlreiche Tote.

Die „Anti-Terror-Operation“ der prowestlichen Regierung in Kiew soll eine Abspaltung der Ostukraine von der Ex-Sowjetrepublik verhindern. Angesichts der ebenfalls gespannten Lage in Odessa hat die aus freiwilligen Kräften gebildete Nationalgarde in Kiew eine Sondereinheit in die Metropole am Schwarzen Meer geschickt, wie Innenminister Arsen Awakow mitteilte.

Bei einem schweren Brand im Gewerkschaftshaus der Stadt sowie bei Straßenschlachten waren dort am Freitag mindestens 46 Menschen gestorben und mehr als 200 verletzt worden.

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