Krise in der Ukraine EU vor neuen Russland-Sanktionen

Russland sieht vor Wintereinbruch im Krisengebiet Donbass die Ukraine in der Pflicht. Ein neuer Wortführer in Kiew steht allerdings nicht für eine politische Krisenlösung. Die EU wird wohl weitere Sanktionen erlassen.

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Der russische Außenminister Sergej Lawrow sieht die Ukraine in der Pflicht für eine friedliche Lösung. Quelle: dpa

Brüssel/Kiew/Moskau Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat sich ungewöhnlich deutlich für einen Verbleib des Separatistengebiets Donbass im Staatsverband der Ukraine ausgesprochen. Die Probleme in den Krisenregionen Donezk und Lugansk müssten von der Führung in Kiew gelöst werden, sagte er der Agentur Interfax. Den Unruhegebieten dürfe „nichts aufgezwungen“ werden. So müsse die Bevölkerung etwa über den Gebrauch der russischen Sprache entscheiden dürfen.

Im Kampf gegen prorussische Separatisten im Osten des Landes setzt die prowestliche Regierung in Kiew weiter auch auf Härte. Präsident Petro Poroschenko ernannte Ex-Parlamentschef Alexander Turtschinow am Dienstag zum neuen Sekretär des Sicherheitsrats. Der 50-Jährige gilt als Befürworter einer militärischen Lösung der Krise. Turtschinow müsse vor allem gegen eine weitere Destabilisierung der Lage kämpfen, sagte der Präsident.

Eine Woche nach Beginn der neuen Waffenruhe in der Ostukraine sprach Poroschenko von einer leichten Entspannung im Krisengebiet. „Gestern Nacht fiel kein Schuss. Die Feuerpause funktioniert“, sagte der Staatschef. In einem Telefonat mit US-Vizepräsident Joe Biden dankte er diesem für ein Gesetz (Ukraine Freedom Support Act), das den USA Waffenlieferungen an Kiew grundsätzlich ermöglicht.

Russland warnt die USA vor einer Aufrüstung des Nachbarlands. Dies wäre ein „feindlicher Akt“, sagte Lawrow. „80 Prozent der US-Kongressmitglieder waren noch nie außerhalb der USA, deshalb wundert mich die Russophobie nicht, die sie (mit diesem Gesetz) demonstrieren“, betonte der Außenminister.

Poroschenko wird an diesem Mittwoch zu einem zweitägigen Staatsbesuch in Polen erwartet. Bei dem EU-Mitglied soll er eine Rede vor beiden Kammern des Parlaments halten und mit Präsident Bronislaw Komorowski sowie Regierungschefin Ewa Kopacz zusammentreffen.

Im Mittelpunkt der Gespräche dürfte auch die polnische Unterstützung bei den vom Westen angemahnten Reformen in der Ukraine stehen. Während des Besuchs unterzeichnet Komorowski der Präsidentenkanzlei zufolge das Gesetz zur Ratifizierung des Assoziierungsabkommens der Ukraine mit der EU.

Poroschenko wollte am späten Dienstagnachmittag in Kiew noch mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini über die Krise in der früheren Sowjetrepublik sprechen.


Neue Sanktionen in Vorbereitung

Die Europäische Union will EU-Diplomaten zufolge unterdessen ab Freitag die Verbote von Investitionen auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim ausweiten. Die härteren Strafmaßnahmen in den Bereichen Energie, Verkehr und Tourismus sollten am Donnerstag von den EU-Staaten schriftlich abgesegnet werden und einen Tag später in Kraft treten, sagte ein Diplomat am Dienstag.

Ein zweiter bezeichnete diese Abfolge als „sehr wahrscheinlich“. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hatte Montagabend erklärt, sie rechne damit, dass die Arbeiten zum EU-Gipfel Ende dieser Woche abgeschlossen seien.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters bereits in der vergangenen Woche berichtete, wird EU-Firmen mit den Maßnahmen der Verkauf von strategisch wichtigen Gütern Richtung Krim untersagt. Die USA wollten bei den Verboten für die Halbinsel nachziehen, sagten zwei EU-Diplomaten.

Für das Treffen der EU-Außenminister am 19. Januar sei zudem eine Diskussion über die Beziehungen zur Regierung in Moskau und die Sanktionen gegen Russland geplant, hieß es in Brüssel weiter. Ungeachtet der Turbulenzen an den russischen Finanzmärkten sei aber nicht vorgesehen, die Wirtschaftssanktionen gegen das Land zu verändern, ergänzte einer der EU-Diplomaten.

„Das Mitleid mit (dem russischen Präsidenten Wladimir) Putin hält sich in der EU noch in Grenzen.“ Im Übrigen seien für den Kurssturz des Rubels nicht in erster Linie die EU-Sanktionen, sondern andere Faktoren wie der Fall des Ölpreises verantwortlich.

Russland hatte die Krim, auf der seine Schwarzmeerflotte stationiert ist, nach einem umstrittenen Referendum im März eingegliedert. Dies wird von der Europäischen Union und der Regierung in Kiew nicht anerkannt. Die EU hat bereits die Einfuhr von Waren von der Krim gestoppt und neue Investitionen in Infrastrukturprojekte in den Bereichen Verkehr, Telekommunikation und Energie sowie in Gas- und Ölfirmen untersagt.

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