Krisengipfel in der Türkei Fünf Punkte, wie G20 die Weltwirtschaft reformieren muss

Wenn die selbsternannte Weltregierung nicht bedeutungslos werden will, muss G20 die Weltwirtschaft reformieren – weg von Staatsschulden und Arbeitslosigkeit, hin zu Investitionen und Handel. Fünf Reformvorschläge.

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Die G20-Staats- und Regierungschefs vor einem Jahr beim damaligen Gipfel in Australien. Quelle: dpa

Am Sonntag geht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf Werbetour für ihre Flüchtlingspolitik – mal wieder. Humanitäre Hilfe für Flüchtlinge, faire Lastenverteilung in der EU, Sicherung der Außengrenzen. Soweit, so bekannt. Diesmal sitzt sie aber nicht nur mit den Europäern an einem Tisch. Merkel wird auch mit den Staats- und Regierungschef von China, Japan, Mexiko, Argentinien, Südafrika und anderen über die Flüchtlingskrise diskutieren.

Was haben afrikanische, asiatische, mittel- und südamerikanische Länder mit der europäischen Flüchtlingspolitik zu tun? Wenig. Am Sonntag kommen aber 19 Staats- und Regierungschefs wichtiger Industrie- und Schwellenländer sowie die Vertreter der Europäischen Union zusammen, die sogenannten G20. Zwei Tage sitzen die Mächtigen der Welt im türkischen Antalya beieinander.

Eigentlich soll es darum gehen, wie sich das globale Wirtschaftssystem vollständig von der Finanzkrise 2008 erholen und langfristig robust umgebaut werden kann – hin zu stabilem und nachhaltigem Wachstum. Zur Erinnerung: Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise avancierte G20 zum wichtigsten internationalen Entscheidungsgremium. Die Gruppe steht für rund zwei Drittel der Weltbevölkerung, gut 80 Prozent der globalen Wirtschaftskraft und drei Viertel des weltweiten Handels.

Claudia Schmucker von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik befürchtet allerdings, dass der diesjährige Gipfel von tagesaktuellen Themen überlagert wird – vor allem von der europäischen Flüchtlingskrise und dem Krieg in Syrien.

Diese Unternehmen prellen den Steuerzahler
Es ist bereits die zweite Enthüllungs-Welle der sogenannten Luxemburg-Leaks. Nachdem in einer ersten Auswertung bereits etwa 300 Unternehmen mit den fragwürdigen Geschäften im Steuerparadies in Verbindung gebracht worden waren, sind jetzt 35 neue Konzernnamen in den Dokumenten aufgetaucht. Der bekannteste ist wohl der von Walt Disney. Das Medienimperium soll im Großherzogtum eine konzerninterne Bank gegründet haben, die ihre Gewinne mit weniger als einem Prozent versteuerte. Enthüllt hat die Informationen ein Netzwerk an investigativen Journalisten, dem sich mehrere internationale Medien angeschlossen haben. Quelle: REUTERS
Ebenfalls ein klangvoller Name, der aus den Dokumenten hervorsticht: Der Internet-Telefondienstleister Skype. Über seine Zweigstelle in Luxemburg hat Skype Berichten zufolge bis zu 95 Prozent der Lizenzeinnahmen nicht versteuert. Laut geltendem Recht ein legaler Vorgang. Von der eigentlichen Körperschaftsteuer von rund 29 Prozent musste das Unternehmen nur 1,5 Prozent zahlen. Quelle: dpa
Der Hygieneartikelhersteller Reckitt Benckiser (RB), zu dem die Marken Calgon und Clearasil zählen, soll offenbar ein milliardenschweres Kreditgeschäft über Luxemburg abgewickelt haben, bei dem die Steuerlast auf ein Minimum reduziert wurde. Eine der reichsten deutschen Industrie-Dynastien, die Familie Reichmann, hält Anteile an dem britischen Konzern. Quelle: Bloomberg
Das Steuersparmodell für die namhaften Konzerne, das zum Teil auf hochkomplexen Finanzstrukturen basiert, soll zu großen Teilen von der Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers ausgearbeitet worden. Besonders raffiniert vorgegangen ist offenbar Ikea. In Berichten heißt es, Ikea habe Tausende Einkünfte von einem Land ins andere überwiesen - und dabei kräftig an Steuern gespart. Demnach soll jede Ikea-Filiale drei Prozent ihres Umsatzes an die Tochterfirma Ikea Systems in Holland überwiesen haben. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt, entgingen dabei allein dem deutschen Staat im Jahr 2013 36 Millionen Euro Steuereinnahmen. Quelle: dpa
Wann immer ein Unternehmen mit fragwürdigen Machenschaften in Zusammenhang gebracht wird, Amazon ist meist nicht weit entfernt. Der Online-Versandhändler war bereits in der Vergangenheit öfter wegen seiner Steuergestaltungen in die Kritik geraten. Kaum überraschend, dass sein Name auch in den Luxemburger Unterlagen auftaucht. Quelle: AP
Neben Amazon sollen sich zwei weitere US-Konzerne über Jahre hinweg erfolgreich davor gedrückt haben, ihrer Steuerpflicht nachzukommen. Pepsi und...Foto: Jochen Zick, Keystone Pressedi Quelle: Presse
...FedEx. Der Name des Kurierdienstes taucht in den mehr als 50 Dokumenten auf, die bislang unter Geheimhaltung standen. Die Unterlagen aus den Jahren 2003 bis 2010 wurden dem International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) zugespielt. Quelle: dpa

Die eigentlichen Themen rücken so in den Hintergrund. „Das Treffen wird kleine Ergebnisse bringen, beispielsweise wenn es darum geht, Steuerschlupflöcher für international tätige Konzerne zu schließen“, sagt Schmucker. „Aber auf die Frage, wie man die G20 zu einem Stabilitätsanker für die Weltwirtschaft machen könnte, hat die Gruppe bislang keine Antworten gefunden.“

Welche wirtschafts- und finanzpolitischen Themen G20 lösen müsste, hat Zia Qureshi vom US-amerikanischen Think Tank „Brookings“ analysiert – darunter:

1. Staatsverschuldung zurückführen

Aus Sicht des Ökonomen müssten vor allem die Industriestaaten strukturelle Reformen einleiten, um die hohen Verschuldungsraten ihrer Länder zurückzufahren, die im Zuge der internationalen Finanzkrise in die Höhe geschnellt waren. Qureshi empfiehlt in seinem Report bei den Steuern und den sozialen Sicherungssystemen anzusetzen. „Die Reform der Sozialsysteme ist insbesondere in alternden Gesellschaften wichtig“, schreibt Quereshi.

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