Berlin EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat die deutschen Politik zur Mäßigung im Umgang mit der Europäischen Zentralbank (EZB) aufgerufen. „Solange die EZB genau das tat, was in Deutschland von ihr erwartet wurde, wurde uns von der deutschen Politik bedeutet, dass wir das nicht zu kritisieren hätten“, sagte Juncker am Donnerstag in Berlin. „Jetzt macht EZB nicht genau das, was viele Deutsche möchten, und jetzt ist Kritik an der EZB erlaubt“, sagte der Kommissionspräsident zur Kritik an der Niedrigzinspolitik. „Ich bin auch dafür, dass man über Geldpolitik kontrovers diskutiert. Aber das kann nicht nach Laune passieren, das muss dann ein Dauerzustand werden.“ Die EZB habe mit ihrer „in großen Teilen richtigen Politik“ die europäische Wirtschaft gestützt.
Der Kommissionspräsident warf der deutschen Politik auch bei anderen EU-Themen Doppelstandards vor. So sei es die große Koalition gewesen, die das Renteneintrittsalter zu einer Zeit teilweise abgesenkt habe, als von anderen EU-Staaten wie Griechenland das Gegenteil gefordert worden sei. Juncker verteidigte zudem erneut die flexible Auslegung des Stabilitätspaktes durch die EU-Kommission. Flexibilität sei kein Abschied von Stabilität, „sondern intelligente Anwendung eines Regelwerkes, das wir uns gemeinsam gegeben haben“, mahnte er. Die Kritik führte er auch auf mangelnde Kenntnis des komplizierten Stabilitätspaktes zurück.
Am Mittwoch hatte Juncker angedeutet, dass die Kommission bei Italien wegen der hohen Flüchtlingszahlen und der Erdbeben Verständnis für das höhere Defizit haben werde. Italiens Haushaltsdefizit soll von 1,6 in diesem Jahr auf 2,4 Prozent 2018 steigen.