Kritik an Regime in China Wissenschaftler wegen Separatismus vor Gericht

In China wird einem bekannten Uiguren der Prozess gemacht. Der regimekritische Wissenschaftler Ilham Tohti könnte bei einem Schuldspruch wegen Unterstützung des Separatismus mindestens zehn Jahre in Haft verschwinden.

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Äußerte sich vermehrt kritisch über die Lage der muslimischen Uiguren-Minderheit in China: Ilham Tohti. Quelle: ap

Peking Der prominente uigurische Regimekritiker und Wissenschaftler Ilham Tohti muss sich in China wegen Separatismus-Anschuldigungen verantworten. Das Gericht in Ürümqi, der Hauptstadt der Unruheregion Xinjiang, verhandelte am Mittwoch drei Stunden und kam später erneut zusammen, sagte sein Anwalt Liu Xiaoyuan. Am Donnerstag solle der Prozess fortgesetzt werden.

Die Polizei hatte den 44-jährigen Wirtschaftsprofessor im Januar in Peking festgenommen und in Ürümqi festgehalten. Ihm drohen mindestens zehn Jahre Gefängnis, sagte kürzlich einer seiner Anwälte. Seine in den USA lebende Tochter Jewher Ilham äußerte sich auf Twitter: „Mein Vater hatte nicht die Absicht, das Land zu spalten. Er ist unschuldig“, sagte sie. Er sei in Haft, weil er sich für sein Volk eingesetzt habe.

Tohti hatte sich immer wieder kritisch über die Lage der muslimischen Uiguren-Minderheit in China geäußert. In ihrer Provinz Xinjiang gibt es seit Jahren Spannungen. In den vergangenen Monaten wurden bei Anschlägen und Zusammenstößen zwischen Polizei und aufgebrachten Bürgern viele Menschen getötet. Menschenrechtsorganisationen und westliche Regierungen kritisierten das Verfahren gegen Tohti. Sie sehen ihn als einen moderaten Kritiker, der sich für verbesserte Beziehungen zwischen Uiguren und den chinesischen Behörden einsetzt. Human Rights Watch bezeichnete den Prozess als „Justizposse“.

Längere Zeit war Tohti in der Haft der Zugang zu seinen Anwälten verwehrt worden. Kürzlich hatte er über eine mangelhafte Ernährung und Kleidung in Gefangenschaft geklagt. Auch sei er gefesselt worden. Seine Anwälte hatten erfolglos versucht, das Verfahren in die Hauptstadt Peking zu verlegen. Der chinesische Bürgerrechtler Hu Jia beurteilte den Prozess als einen der wichtigsten politischen Verfahren des Jahres - „vielleicht sollte er sogar als der wichtigste überhaupt gelten.“

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