Kurden feiern Erfolge Terrormiliz IS droht ein schleichender Niedergang

Im Nordirak melden die kurdischen Kämpfer weitere Erfolge gegen die Terrormiliz Islamischer Staat. Im syrischen Kobane halten die Extremisten ihre Stellungen – können die Stadt aber auch nach 100 Tagen nicht einnehmen.

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Um Kobane wird weiter gekämpft, doch die IS-Einheiten wurden aus dem Zentrum zurückgedrängt. Quelle: AFP

Kobane Vier Monate nach der überraschenden Offensive der Extremistenmiliz Islamischer Staat im Nordirak steht die strategisch wichtige Stadt Sindschar offenbar vor der Rückeroberung. Große Teile des Ortes seien bereits eingenommen worden, sagte Kurdenpräsident Massud Barsani bei einem Besuch des Höhenzuges Sindschar in der Nähe der Stadt. „Mit Gottes Hilfe werden wir sie ganz befreien.“

Die Unterstützung der internationalen Koalition zeigt demnach große Wirkung. Die US-Streitkräfte flogen nach eigenen Angaben von Sonntag vier Luftangriffe auf IS-Stellungen. Zudem haben zahlreiche Länder Waffen an die Kurden geliefert, darunter Deutschland.

Mit einem Sieg in Sindschar hätten die Kurden die meisten Gebiete zurückerobert, die sie an die Extremisten im Sommer verloren hatten. Es wäre auch wichtiger Schachzug für die Zentralregierung in Bagdad, weil so die Verbindung zwischen Syrien und der vom IS beherrschten Stadt Mossul unterbrochen wäre.

An den Kämpfen beteiligen sich kurdische Peschmerga-Einheiten, die in der Türkei verbotene PKK und ihre syrische Schwesterorganisation YPG sowie Jesiden. Der IS hatte bei seiner Offensive Tausende Mitglieder der religiösen Minderheit getötet oder gefangengenommen. Einige flohen auf den Höhenzug Sindschar, der nördlich der gleichnamigen Stadt liegt.

Der IS hat große Teile Syriens und Iraks unter seine Kontrolle gebracht und will die Regierungen beider Länder stürzen. Sein Ziel ist die Errichtung eines grenzübergreifenden Gottesstaates. Im September rückte die Terrormiliz IS auf das nordsyrische Kobane vor – dort dauern die Kämpfe nun schon 100 Tage an.


IS in Randgebiete zurückgedrängt

Die Dschihadisten hatten Kobane am 15. September angegriffen. Mit Panzern und schwerem Geschütz waren sie von drei Himmelsrichtungen gegen die Stadt vorgerückt, lediglich im Norden war noch ein Übergang in die Türkei in kurdischer Hand.

Das Schicksal der Stadt wurde rasch zum Symbol für das Leiden der syrischen Bevölkerung unter dem Vormarsch der Islamisten. Bis zu 200.000 Flüchtlinge waren aus den umliegenden Dörfern Kobanes in den Stadtkern geflüchtet, als die Miliz anrollte. Viele flohen weiter in die Türkei, in der einstigen 50.000-Einwohner-Stadt blieben nur einige tausend Kämpfer zurück, um die IS-Extremisten abzuwehren.

Seitdem ist das Schicksal der Stadt zum Symbol des Widerstandes geworden – und zum Symbol für den schleichenden Niedergang der Terrormiliz. Egal, wie viele Kämpfer der IS aus dem Umland zusammenzog, auch nach Monaten der Belagerung konnte er Kobane nicht einnehmen.

Nach der jüngsten Zählung der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte starben bis Anfang Dezember knapp 1400 Menschen im Kampf um Kobane. Die meisten – mehr als 900 – aufseiten des IS. Die Kämpfer der YPG erhalten breite Unterstützung bei ihrem Widerstand gegen die Dschihadisten. Ende September begann eine von den USA angeführte internationale Koalition mit Luftschlägen gegen IS-Stellungen am Rande der Enklave, einen Monat später zogen kurdische Peschmerga aus dem Nordirak über die Türkei zur Unterstützung der YPG in Kobane ein.

Waren die Dschihadisten einst bis ins Zentrum vorgedrungen und hatten knapp die Hälfte der Stadt erobert, stehen sie nun wieder in den Randgebieten. Auch strategische Posten im Umland konnten die YPG wieder einnehmen. „Kobane wird Geschichte schreiben“, sagte Chalid Barkel von der kurdischen Selbstverwaltungsbehörde der Stadt der Deutschen Presse-Agentur am Telefon.

Trotz der militärischen Erfolge beschreibt er die Lage der Stadt als „katastrophal“. Zwischen 5000 bis 7500 Einwohner seien in die eroberten Viertel der Stadt zurückgekehrt – aber es fehle an Medizin und Lebensmittel. „Fast alles muss hier hineingeschmuggelt werden“, sagt Barkel. „Aber unsere Leute sind als Überlebenskünstler bekannt.“

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