Menschenrechte Europarat stellt Türkei unter Beobachtung

Aus Sorge um die Demokratie in der Türkei nach dem Putschversuch Mitte Juli stellt die Parlamentarische Versammlung des Europarats das Land wieder unter volle Beobachtung. Für das Land ist das nichts völlig Neues.

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Nach dem Referendum gehen die Proteste der Nein-Bewegung weiter. Unterdessen hat der Europarat beschlossen, die Türkei wieder unter volle Beobachtung zu stellen. Das bedeutet, dass zwei Berichterstatter regelmäßig in die Türkei fahren, um die Einhaltung der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in dem Land zu überprüfen. Quelle: dpa

Straßburg Der Europarat nimmt das umstrittene Verfassungsreferendum in der Türkei sowie das Vorgehen von Präsident Recep Tayyip Erdogan gegen Oppositionelle genauer unter die Lupe. Mit großer Mehrheit stimmte die Versammlung am Dienstag in Straßburg dafür, ein formales Verfahren gegen die Regierung in Ankara zu eröffnen und das Land unter Beobachtung zu stellen. Das bedeutet, dass zwei Berichterstatter regelmäßig in die Türkei fahren, um die Einhaltung der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in dem Land zu überprüfen.

Für den Beschluss votierten 113 der 170 Delegierten. Das türkische Außenministerium wies die Entscheidung mit scharfen Worten als ungerecht zurück. In Europa grassierten Fremdenfeindlichkeit und Islamhass. Der türkischen Regierung bleibe keine andere Wahl, als die Beziehungen zur Parlamentarischen Versammlung des Europarats zu überdenken.

Die Türkei, die dem Europarat 1950 kurz nach seiner Gründung beitrat, stand bereits zwischen 1996 und 2004 unter voller Beobachtung. Unter anderem wegen der Abschaffung der Todesstrafe wurde der Prozess beendet. Seitdem gab es einen nachbereitenden Monitoring-Dialog. Türkische Abgeordnete sprachen sich bei der Debatte am Dienstag in Straßburg vehement gegen eine Wiederaufnahme der Beobachtung aus.

Der Europarat überwacht die Einhaltung von Menschenrechten und ist keine Institution der Europäischen Union. Ihm gehören insgesamt 47 Staaten an, darunter die Türkei und Russland.

Die Entscheidung könnte Einfluss auf die Beitrittsverhandlungen zwischen EU und der Türkei haben, die schon lange nicht vom Fleck kommen. In der EU mehren sich die Stimmen, die ein Ende der Gespräche fordern. Erdogan steht wegen des von ihm gewonnenen Verfassungsreferendums in der Kritik, das ihm mehr Macht einräumen soll. Auch seine Maßnahmen gegen die Presse und angebliche Gegner nach dem gescheiterten Putsch vom Juli sowie seine Nazi-Vergleiche gegenüber Deutschland und den Niederlanden haben in der EU viel Unmut ausgelöst.

EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn rief die EU-Außenminister vor ihrem informellen Treffen am Freitag in Malta dazu auf, neue Formate mit Blick auf die Türkei zu erwägen. Der Chefsprecher der EU-Kommission deutete indes an, dass dies nicht die Position von Präsident Jean-Claude Juncker sei.

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