Menschenrechtler verklagen Pjöngjang Ein nordkoreanisches Schiff als Faustpfand im Ringen um Millionen

Eine israelische Menschenrechtsorganisation hat in den USA einen Prozess gegen Nordkorea gewonnen. Doch die Entschädigung für die Angehörigen fließt nicht. Darum will die Gruppe nun ein Schiff beschlagnahmen.

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Seit rund einem Jahr wird die nordkoreanische „Mu Du Bong“ im Hafen von Tuxpan in Mexiko festgehalten. Quelle: ap

New York Ein Gerichtsverfahren gegen Nordkorea ist kaum zu gewinnen. Und wenn, dann ist es so gut wie unmöglich, Entschädigungszahlungen von dem abgeschotteten kommunistischen Staates einzutreiben. Doch eine in Israel ansässige Bürgerrechtsorganisation glaubt nun, sie habe eine Möglichkeit gefunden. Sie hat ein nordkoreanisches Schiff im Visier, das gegen den Willen Pjöngjangs seit einem Jahr in einem mexikanischen Hafen festgehalten wird.

Das Rechtszentrum Schurat HaDin hatte im April vor einem US-Bezirksgericht im Fall um einen in Südkorea geborenen Pfarrer, der in China entführt und in Nordkorea vor 15 Jahren mutmaßlich gefoltert und getötet wurde, 330 Millionen Dollar (300 Millionen Euro) Entschädigung erstritten. Danach begannen die Menschenrechtsaktivisten ihre Suche nach nordkoreanischem Vermögen.

In ihr Visier geriet die „Mu Du Bong“, ein Frachter, der im Juli vergangenen Jahres vor Mexiko auf Grund lief. Ein Expertengremium, das die gegen Pjöngjang wegen dessen Atom- und Raketenprogramms verhängten UN-Sanktionen überwacht, forderte die mexikanische Regierung trotz nordkoreanischer Proteste auf, das Schiff nicht freizugeben. Die nordkoreanische Muttergesellschaft des Frachters, Ocean Maritime Management, war mit Sanktionen belegt worden, nachdem auf einem anderen ihrer Schiffe zwei kubanische Kampfjets, Raketen und Munition unter einer Ladung Zucker entdeckt worden waren.

Um die „Mu Du Bong“ beschlagnahmen zu können, müsste ein mexikanisches Gericht das Urteil des US-Bezirksgerichts anerkennen. Zwei Gerichte wollten den entsprechenden Antrag von Schurat HaDin nicht annehmen, doch die Organisation hat Rechtsmittel eingelegt. Sie will das Schiff meistbietend verkaufen, das Geld soll an die Familie des südkoreanischen Pfarrers gehen. „Weltweit gibt es so wenige nordkoreanische Vermögenswerte, dass man eine Gelegenheit wie diese nicht einfach aus Angst vor Nordkorea oder anderen politischen Erwägungen verstreichen lassen sollte“, sagte Nitsana Darschan-Leitner, die Direktorin der Organisation, am Dienstag der Nachrichtenagentur AP.

Schurat HaDin hat im Namen von Folter- oder Terroropfern bereits Staaten wie Iran und Syrien verklagt. Das Minimalziel der Gruppe ist dabei, den betroffenen Ländern zumindest eine schlechte Publicity zu bereiten - selbst wenn später kein Geld fließt. Nordkorea hat die Entführung und Folter von Pfarrer Kim Dong Shik, der in den USA wohnte, nie eingeräumt. Doch es ist bekannt, dass Pjöngjang hart gegen Menschen vorgeht, die zu missionieren versuchen - sogar, wenn die Missionsarbeit Nordkoreaner betrifft, die ins benachbarte China geflohen sind.


Oft behindern die USA das Eintreiben von Vermögenswerten

Normalerweise können fremde Staaten in den USA nicht verklagt werden. Eine Ausnahme gilt für Länder, die als staatliche Sponsoren von Terror eingestuft wurden. Nur einen Tag, bevor der damalige US-Präsident George W. Bush Nordkorea von der entsprechenden Liste strich, reichte Schurat HaDin Klage wegen Kims Verschwinden ein. Die Streichung erschwerte die Bemühungen, von Pjöngjang eine Entschädigung zu erstreiten.

Selbst im Fall eines Siegs vor Gericht ist es extrem schwierig, Geld von Pjöngjang einzutreiben. 2010 wurden Schurat HaDin in einem Prozess gegen Nordkorea von einem US-Gericht 378 Millionen Dollar zugesprochen. Dabei ging es um die Tötung von US-Bürgern auf einem israelischen Flughafen 1972. Doch das Geld sah niemand. 2008 erstritt der Anwalt Richard Streeter 65 Millionen Dollar für Matrosen der US-Marine, die 1968 fast ein Jahr lang von Nordkorea festgehalten wurden. Auch sie gingen leer aus.

Häufig behindere die US-Regierung wegen möglicher Interessenskonflikte mit ihren politischen Zielen das Eintreiben von Vermögenswerten, sagt Jeffrey Addicott, Direktor des Zentrums für Terrorismusrecht an der Universität St. Mary's im texanischen San Antonio. Regierungen befürchteten in solchen Fällen Vergeltungsaktionen, die viel Unheil anrichten könnten, erklärt Addicott. „Das gilt besonders im Umgang mit totalitären Staaten.“

Die nordkoreanische UN-Mission äußerte sich zunächst nicht zu dem Versuch von Schurat HaDin, das Schiff sicherzustellen. Nordkoreanischen Diplomaten zufolge hatte es keine verbotene Ladung an Bord. Der Leiter des UN-Expertengremiums, Hugh Griffiths, wolte sich dazu nicht äußern. Ein früheres Mitglied des UN-Ausschusses, der ehemalige US-Vertreter William Newcomb, erklärte indes, Mexiko benötige keine Erlaubnis der Vereinten Nationen, um Schurat HaDin das Schiff beschlagnahmen zu lassen. „Ich glaube, der Sicherheitsrat ist froh, wenn das Schiff nicht zurück an Nordkorea geht“, sagt der mexikanische Anwalt Alberto Mansur, der an der Klage mitgearbeitet hat.

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