Merkel bei Anne Will Madame Zuversichtlich

Innerhalb von wenigen Monaten redet Angela Merkel in einer Talkshow zum zweiten Mal zum Volk. Sie zeigt sich von ihrer Linie überzeugt und macht auch klar: Es gebe nichts, was sie davon abbringen könne. Ein Kommentar.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die Bundeskanzlerin bleibt bei ihrer Linie, trotz aller Kritik: Sie will eine europäische Lösung, gemeinsam mit Ländern wie der Türkei. Das Publikum – zumindest im Studio – dankt es ihr. Quelle: dpa

Berlin Sollte man Angela Merkels Regierungsstil mit einem Wort beschreiben, wäre einem "Entschlossenheit" nie eingefallen. Wer die Kanzlerin am Sonntag Abend in der Talkshow "Anne Will" erlebt hat, wird das nicht mehr sagen können. "Meine verdammte Pflicht und Schuldigkeit besteht darin, dass dieses Europa einen gemeinsamen Weg findet". So kämpferisch hat man Merkel selten erlebt.

Neues gab es allerdings nicht. Schon bei ihrem ersten Auftritt im vergangenen Jahr bei "Anne Will" verteidigte Merkel ihre Botschaft vom "Wir schaffen das". Auch diesmal sah sie die Lösung in der Bekämpfung der Fluchtursachen in Syrien, sie setzt weiter auf Verhandlungen mit der Türkei und die Sicherung der Außengrenzen.

Das ist schon mutig, vielleicht auch naiv, angesichts des steigenden politischen Drucks auf sie und der Flüchtlingszahlen, die jeden Tag in Griechenland ankommen. Doch wer auch immer erwartet hatte, die Kanzlerin werde kurz vor den wichtigen Landtagswahlen im März umsteuern, muss sich auch nach diesem Abend weiter gedulden.

"Nein, ich steuere nicht um", sagte sie, als sie gefragt wurde, ob es nicht Zeit sei einzulenken. Sie sprach sich erneut gegen die Einführung von Obergrenzen aus, wie sie die CSU seit Monaten fordert. Sie habe sich vorgenommen, in einer so ernsten Debatte nicht zu versprechen, "was drei Wochen hält und nachher nicht mehr".

Sie habe keinen Plan B, sie glaube an Plan A. In Berlin kursieren zwar andere ernstzunehmende Szenarien. Zur Schließung der nationalen Grenzen im Fall der Fälle heißt es etwa im Bundesinnenministerium: "Über so etwas diskutiert man nicht, das macht man."

Am Wochenende war auch bekannt geworden, dass sich die bayerische Polizei bereit halte, jederzeit ein robustes Grenzregime wie in Österreich einzuführen. Offiziell sagte Merkel auf die Frage, ob sie solche Überlegungen habe: "Nein, habe ich nicht."


Ihre Kritiker dürften eher verstört ins Bett gegangen sein

Es kommt nicht häufig vor, dass sich eine Regierungschefin innerhalb von vier Monaten gleich zweimal dem Volk erklären will oder muss. 81 Prozent der Bundesbürger glauben nicht, dass die Regierung die Lage noch im Griff hat. Doch das ficht Merkel nicht an.

Sie bat die Bürger um Geduld für ihren internationalen Lösungsansatz mit der Türkei. Sie zeigte sich zuversichtlich trotz aller Widerstände im Land und in Europa, eine Lösung zu finden. Ob sie Konsequenzen ziehe, wenn kein Weg in Europa gefunden werde?

Ein klares Nein von Merkel: "Dann muss ich weitermachen". Ihre Kritiker dürften eher verstört am späten Sonntag Abend ins Bett gegangen sein, ihre Unterstützer mit Bewunderung, ob ihres Glaubens an die Einsicht der anderen.

Robust ging sie dagegen mit ihrem Koalitionspartner um. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte im ZDF gesagt: Er höre immer wieder den Satz "Für die macht ihr alles, für uns macht ihr nichts." Merkel gab die Kritik zurück. "Ich finde, die SPD und der Vorsitzende Herr Gabriel machen sich damit klein."

Die schwarz-rote Koalition habe vieles für Kinder, Eltern, Rentner und Kranken getan. So viel Merkel für die Harmonie in Europa gibt, so wenig ist sie daran in der Koalition interessiert. Offenbar sieht sie sich hier immer noch am längeren Hebel sitzen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%