Merkel zur Schuldenkrise „Einigung mit Griechenland nicht um jeden Preis“

Europa wird gestärkt aus der Griechenland-Krise hervorgehen, sagt Kanzlerin Merkel vor dem Bundestag. Das kann man auch als Warnung an Athen verstehen. Vizekanzler Gabriel sagt es offen: „Wir lassen uns nicht erpressen.“

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Die Bundeskanzlerin will nicht, dass „wir irgendwie durch die Krise kommen“. Quelle: ap

Berlin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in der Griechenland-Krise eine Einigung um jeden Preis abgelehnt. Vor dem für Sonntag geplanten Referendum werde es keine Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm geben, sagte Merkel am Mittwoch im Bundestag in Berlin. Katastrophale Konsequenzen einer Staatspleite befürchte sie nicht: „Europa ist stark. Viel stärker, als vor fünf Jahren.“ Griechenland habe die Gespräche mit den Partnern einseitig beendet und sei seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte, Athen habe „Vertrauen zerstört“.

Merkel erklärte, entscheidend in Europa sei die Fähigkeit zum Kompromiss. Dafür gebe es aber Grenzen. „Ein guter Europäer ist nicht der, der eine Einigung um jeden Preis sucht“, sagte die Kanzlerin. „Ich will nicht, dass wir irgendwie durch die Krise kommen,“ betonte sie. „Ich will, dass Europa stärker aus der Krise herauskommt.“

Die Bundeskanzlerin wandte sich auch an die griechische Bevölkerung: „Sie sind ein stolzes Volk und haben harte, sehr harte Tage zu bewältigen“, sagte sie. Eine Referendum sei das legitime Recht Griechenlands. Aber die anderen 18 Euroländer hätten ebenso das Recht, ihre Haltung dazu festzulegen.

Am Sonntag sollen die Griechen über das letzte Angebot der Geldgeber für das faktisch zahlungsunfähige Land abstimmen. Dienstagnacht war das aktuelle Hilfsprogramm ausgelaufen. Eine fällige Kreditrate von 1,5 Milliarden Euro für den Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlte Athen nicht zurück.

„Die Tür für Verhandlungen war immer offen und bleibt immer offen“, sagte die Kanzlerin. Aber vor dem Referendum könne über kein neues Hilfsprogramm verhandelt werden. Zudem sei dafür ein Mandat des Bundestages nötig.

Die anderen 18 Mitgliedsstaaten der Eurozone müssten heute keine ökonomische Katastrophe mehr befürchten, weil Griechenland in Turbulenzen geraten sei. „Wir haben Schutzvorkehrungen getroffen, an die im Februar 2010 noch nicht einmal im Ansatz zu denken war“, sagte Merkel. „Die Welt schaut auf uns. Aber die Zukunft Europas steht nicht auf dem Spiel.“

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) betonte, für eine Lösung der Krise müsse zunächst das Vertrauen zwischen Geldgebern und Athen wiederhergestellt werden. Es sei außergewöhnlich schwierig, jetzt einen Weg zu finden, sagte Schäuble. „Vertrauen und Verbindlichkeit sind eine Grundvoraussetzung.“

Linksfraktionschef Gregor Gysi rief Merkel zur Kompromissbereitschaft auf. „Sie tragen in diesen Tagen eine gewaltige historische Verantwortung. Finden sie in letzter Sekunde noch eine Lösung“, appellierte Gysi an die Regierungschefin. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, Europa werde die Bürger Griechenlands nicht im Stich lassen. Von der Regierung in Athen dürfe man sich aber nicht erpressen lassen. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte eine Umschuldung. Nur so habe das Land eine Chance, wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen

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