Daher war das Hauptanliegen der Beschwerdeführer der Smart vor allem, den Kartellen die Geschäftsgrundlage und ihre Milliardengewinne zu nehmen. „Wir wollen der Drogenmafia mit der Verfassungsbeschwerde das Geld entziehen, ihr wichtigstes Handwerkszeug“, sagte Smart-Rechtsanwalt Francisco Torres Landa. Dieser Argumentation folgten das Oberste Gericht weitgehend: „Der (bisherige) Kampf gegen die Drogen hat versagt“, betonte Richter José Ramón Cossio in seiner Begründung.
Mexiko brauche eine breite soziale Debatte über das Thema, forderte Cossio. Nach Berechnungen des US-Justizministeriums machen die mexikanischen Kartelle mit dem Drogenverkauf jedes Jahr und 39 Milliarden Dollar Gewinn. Rund ein Drittel davon soll aus dem Geschäft mit Marihuana stammen. Andere Quellen gehen von deutlich höheren Gewinnen aus.
Smart-Aktivist Amando Santacruz feierte das Urteil dann auch als einen politischen Durchbruch: „Das ist der erste Schritt zu einer nationalen Drogenpolitik, die nicht kriminalisiert.“ Neben der Entziehung der Gewinne für die Mafia führe das Urteil langfristig auch zu einer Entlastung der Justiz. Laut einer Untersuchung sitzen fast zwei Drittel der wegen Drogendelikten verurteilten Täter wegen Cannabis-Delikten ein.
Die Regierung war über das Urteil sichtlich verärgert. Präsident Enrique Peña Nieto schrieb über den Kurznachrichtendienst Twitter, dass er die Entscheidung respektiere, aber inhaltlich nicht teile. Gesundheitsministerin Mercedes Juan López ging noch einen Schritt weiter. Sie verwies darauf, dass die Entscheidung der Corte Suprema allein für den vorliegenden Fall gelte. „Aus unserer Sicht bedeutet dies definitiv nicht die Legalisierung von Marihuana.“
Cannabis-Gesetze weltweit
Uruguay hat seit 2013 weltweit die liberalsten Gesetze. Verkauf von Cannabis mit THC-Gehalt bis zu 15 Prozent ist legal. Die Umsetzung dauert noch bis Ende 2015. Statt selbst anzubauen, erteilt der Staat Produktionslizenzen an Unternehmen. Verkauf über Apotheken – und zwar billig: ein Dollar pro Gramm. Nur an Einheimische. Behörde kontrolliert. Käufer werden registriert.
Mindestalter: 18
Besitz: Unbegrenzt
Verkauf: Club, Apotheke, Eigenanbau
Der US-Bundesstaat erlaubt den privaten Besitz und Konsum von Cannabis. Verkauft wird Hanf in Fachgeschäften. Das Geschäft lockt Touristen in Scharen. Auch der kommerzielle Anbau ist erlaubt. Joints in der Öffentlichkeit sind tabu. Ähnliche Regelungen gibt es in Alaska, Washington, Oregon. Die Hauptstadt Washington DC erlaubt den Besitz, verbietet aber den Verkauf.
Mindestalter: 21
Besitz: 28 Gramm
Verkauf: Hanfshops
Die Niederlande sind Europas Kifferparadies. Doch der Konsum von Joints ist nur in Coffeeshops erlaubt – und zwar nur für Holländer und in Holland lebende Ausländer. Ansonsten bleibt der Hanfbesitz verboten. Bis fünf Gramm werden aber strafrechtlich nicht verfolgt. Kommerzieller Anbau ist verboten. Coffeeshop-Inhaber importieren Gras etwa aus Marokko.
Mindestalter: 18
Besitz: Nur Konsum in Coffeeshops
Verkauf: Coffeeshops
Portugal setzt zwar weiterhin auf Prohibition und verbietet den Besitz von Cannabis, behandelt Kiffer (und Konsumenten anderer Drogen) aber nicht mehr als Kriminelle. Wer mit bis zu 25 Gramm Cannabis erwischt wird, muss Sozialstunden ableisten oder wird zum Therapeuten geschickt. Die Stigmatisierung fällt somit weg.
Mindestalter: Grundsätzlich verboten
Besitz: Entkriminalisiert bis 25 Gramm
Verkauf: Verboten
Spanien entwickelt sich zum Kifferhotspot Europas. Der Staat erlaubt den Eigenanbau und privaten Konsum von Cannabis zu Hause. Auch Kifferclubs sind erlaubt. Landesweit gibt es rund 500 davon, allein 200 in Barcelona. Die Stadt gilt inzwischen als „New Amsterdam“. Kauf und Verkauf von Hanf sind verboten.
Mindestalter: 18
Besitz: Eigenanbau
Verkauf: Verboten
Cannabis-Produkte sind illegale Suchtmittel. Besitz, Anbau und Handel sind verboten. Das Betäubungsmittelgesetz sieht Geldstrafen oder bis zu fünf Jahre Haft vor. Beim Umgang mit „nicht geringen Mengen“ - bei Haschisch und Marihuana 500 Konsumeinheiten à 15 Milligramm Tetrahydrocannabinol (THC) - liegt die Höchststrafe bei 15 Jahren Haft. Für „Gelegenheitskiffer“ kennt das Gesetz die Untergrenze der „geringen Menge“ zum Eigenverbrauch. Bei wenigen Konsumeinheiten kann die Staatsanwaltschaft von einer Strafverfolgung absehen. Das ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt.
Ein Jahr nach der Legalisierung von Cannabis für medizinische Anwendungen hat die Substanz nach Medienberichten noch keinen Patienten erreicht. Zwar können Ärzte bei schweren Erkrankungen wie Krebs, Multipler Sklerose oder Parkinson Cannabis verschreiben, doch ist das Mittel noch nicht verfügbar. Kritiker werfen dem Gesundheitsministerium in Prag mutwillige Verzögerung bei der Vergabe von Züchterlizenzen vor.
Damit sich die Entscheidung in ein alle Gerichte verpflichtendes Präjudiz wandelt, braucht es noch weiterer vier gleichgelagerter Entscheidungen. Dies dürfte nur eine Frage der Zeit sein. „Der erste Nagel in den Sarg der Prohibitionspolitik ist eingeschlagen“, sagte Anwalt Torres Landa.