Mexiko und USA Gute Miene zum bösen Spiel

Inmitten der steigenden Spannungen zwischen den USA und Mexiko hat US-Außenminister Rex Tillerson das Nachbarland am Donnerstag besucht. Beide Staaten wollen nun Differenzen im Dialog beilegen.

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US-Außenminister Rex Tillerson (l.) hat sich am Donnerstag mit seinem mexikanischem Kollegen Luis Videgaray getroffen. Quelle: Reuters

Mexiko-Stadt In einer äußerst gespannten Stimmung haben sich am Donnerstag der mexikanische Außenminister Luis Videgaray und sein Gegenüber Rex Tillerson zu Gesprächen über die bilaterale Agenda getroffen. Im Anschluss an die Unterredung, an der auch der US-Heimatschutz-Chef John Kelly teilnahm, versuchte Videgaray die Differenzen möglichst kleinzureden. „Das Treffen kommt in einem komplizierten Moment der Beziehungen beider Staaten, und Mexiko hat seine Besorgnis und Irritation angesichts der jüngsten Maßnahmen ausgedrückt“. Der Außenminister machte klar, dass die Differenzen fortbestehen und der Weg zu gemeinsamen Abkommen „sehr lang“ werde. Sein Gegenüber Tillerson war wesentlich zurückhaltender und sprach lediglich davon, dass beide Länder wichtige gemeinsame Interessen teilten. Aber die ernsten Gesichter der beiden Minister ließen erahnen, dass die Unterredung nicht allzu harmonisch verlaufen war. Videgaray machte deutlich, dass Mexiko auf die Einhaltung der Menschenrechte beim Umgang mit den Migranten bestehe.

Die Gespräche waren überschattet von den neuen Migrationsregeln der Vereinigten Staaten, nach denen den rund sechs Millionen Mexikanern in den USA ohne Papiere die Abschiebung droht. Vor dem Treffen machte die mexikanische Seite deutlich, dass sie keinerlei Auflagen von den USA dulden werde. Wie vergiftet das Ambiente zwischen den beiden einstigen engen Partnern ist, zeigt die Tatsache, dass sich Mexikos Staatschef Enrique Peña Nieto vorbehielt, Tillerson und Kelly am Donnertag zu empfangen. Dies war zwar eigentlich geplant, aber der Staatschef wollte das vom Ausgang der vorhergehenden Gespräche zwischen den Außenministern abhängig machen.

Treffen zwischen hochrangigen Delegationen der USA und Mexiko gleichen in diesen Monaten der dauernden Aggressionen Washingtons gegen das südliche Nachbarland komplizierten Drahtseilakten. Außenminister Videgaray hatte schon am Mittwoch deutlich gemacht, dass sein Land weder abgeschobene ausländische Migranten aufnehmen, noch Misshandlungen von Mexikanern durch die USA dulden werde, betonte der Minister. „Es ist nicht in unserem Interesse, ausländische Flüchtlinge aufzunehmen, und wir müssen es auch nicht“, sagte er und fuhr fort: „Mexiko wird nicht zögern, Menschenrechte, Freiheitsrechte und einen angemessenen Prozess für unsere Landsleute vor internationalen Instanzen, allen voran der UNO zu verteidigen.“ Von dem Dekret, das die schnellere und vereinfachte Abschiebung von Migranten aus den USA möglich macht, sind potenziell elf Millionen Menschen betroffen. Geschätzt die Hälfte von ihnen sind Mexikaner. Die Regierung in Washington will alle Menschen, die ohne Papiere über die Südgrenze ins Land kommen und aufgegriffen werden, sofort nach Mexiko abschieben - ohne Ansicht der Nationalität.

Mexiko hat sich schon länger entschieden, die Beleidigungen und Bedingungen der neuen US-Regierung nicht mehr klaglos hinzunehmen. Nach dem abgesagten Treffen der Präsidenten Donald Trump und Peña Nieto Ende Januar herrscht zwischen Mexiko-Stadt und Washington Eiszeit, auch wenn beide Seiten stets betonen, sich weiter über die bilateralen Themen auszutauschen.

Aber offiziell machen vor allem die USA auf Appeasement: „Wir haben eine robuste und gesunde Beziehung mit der mexikanischen Regierung“, sagte der Sprecher des Weißen Haus Sean Spicer am Mittwoch. „Ich denke die andere Seite teilt unsere Sicht“. Der Besuch von Tillerson und Kelly stelle einen „ermutigenden Anfang für eine Arbeitsbeziehung mit unserem südlichen Nachbarn da“, fuhr Spicer fort.

Beim Thema Handel warnte der mexikanische Wirtschaftsminister Ildefonso Guajardo vor Zöllen oder Importquoten. Diese hätten desaströse Folgen erklärte er am Mittwoch. Eine neue NAFTA-Vereinbarung dürfe kein Rückschritt sein. „Wir werden definitiv keine Maßnahmen zur Beschränkung des Handels wie Quoten zulassen - oder die Büchse der Pandora der Zölle öffnen." Auch Außenminister Videgaray drohte: „Wenn die USA Zölle erheben, dann tun wir das auch, aber dort, wo es ihnen wehtut“. Die Neuverhandlung der NAFTA soll im Mai starten.

Unterdessen warnte die Ratingagentur Moody’s vor den Auswirkungen eines möglichen Endes der NAFTA. Dann könnte die Wirtschaft Mexikos bis um drei Prozent schrumpfen. „Schlimmstenfalls fallen dann auch die mexikanischen Exporte um 25 Prozent“, sagte der Analyst Jaime Reusche. Die Ratingagentur senkte die Prognose für das mexikanische Wirtschaftswachstum am Donnertag für dieses und das kommende Jahr. Die Ökonomie des Schwellenlandes soll demnach 2017 nur um 1,4 Prozent und 2018 um 2,0 Prozent wachsen – immer unter der Voraussetzung, dass die NAFTA fortbesteht.

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