Militär-Offensive in der Ukraine Separatisten: Mehrere Tote bei Kämpfen

Ukrainische Streitkräfte haben in Slawjansk einen großangelegten Einsatz zur Rückeroberung der Stadt gestartet. Bei den Kämpfen gab es laut den pro-russischen Separatisten bereits mehrere Todesopfer.

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In der Ukraine gibt es Gefechte um die Stadt Slawjansk, die von pro-russischen Separatisten besetzt wird. Quelle: REUTERS

Beim Einsatz ukrainischer Regierungstruppen gegen pro-russische Aktivisten im Osten des Landes sind mehrere Separatisten getötet worden. Es gebe „mehrere Tote“ auf ihrer Seite, sagte ein Sprecher der moskautreuen Kräfte am Freitag einem Reporter bei der Stadt Slawjansk. Genaue Zahlen nannte er nicht. Bisher hatte die „Volksmiliz“ von einem Toten berichtet, die Regierung räumte den Tod zweier Mitglieder der Sicherheitskräfte ein. Der Aktivistensprecher bestätigte, dass Regierungstruppen den Bahnhof der Großstadt eingenommen hätten. Die Kämpfer hielten aber weiter mehrere Straßensperren bei Slawjansk besetzt.

Mit Hubschraubern und Militärgerät hatten ukrainische Regierungstruppen am Freitagmorgen einen Vormarsch auf die Städte Slawjansk und Kramatorsk begonnen. Verschiedene Kontrollposten am Stadtrand würden attackiert, hieß es. Milizenführer Wjatscheslaw Ponomarjow sagte zu Interfax, seine Kämpfer hätten zwei Militärhubschrauber vom Typ Mi-24 abgeschossen. Zwei Besatzungsmitglieder wurden getötet und weitere verletzt. Eine Maschine vom Typ Mi-8 wurde getroffen, konnte aber sicher landen. Ukrainische Regierungseinheiten haben nach eigenen Angaben vier mutmaßliche Schützen festgenommen. Das Verteidigungsministerium veröffentlichte Fotos von vier gefesselten Männern in Zivilkleidung mit über den Kopf gestülpten Säcken. Ein Bild zeigte eine Pistole und einen Ausweis der „Volksrepublik Donezk“, die moskautreue Kräfte in der russisch geprägten Region ins Leben gerufen haben.


Die moskautreuen Separatisten hatten die mehr als 100.000 Einwohner von Slawjansk mit Sirenen und Kirchenglocken vor dem Angriff des ukrainischen Militärs gewarnt. Innenminister Arseni Awakow forderte alle Bürger in dem Gebiet des „Anti-Terror-Einsatzes“ auf, ihre Häuser nicht zu verlassen und von den Fenstern fernzubleiben.

Russland verurteilte den ukrainischen Militäreinsatz als Strafaktion. Damit gebe es keine Hoffnung mehr, das Genfer Abkommen zur Entspannung der Lage zu retten, sagte ein Sprecher von Präsident Wladimir Putin. Das Staatsoberhaupt habe einen Vertreter in den Südosten der Ukraine geschickt, um dort Gespräche zu führen.

Slawjansk wird seit Wochen von der „Volksmiliz“ kontrolliert. Seit einer Woche halten „Bürgermeister“ Ponomarjow und seine Kämpfer dort mehrere Militärbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) fest, darunter vier Deutsche. Sie sind nach Worten von Ponomarjow "an einen sicheren Ort außerhalb der Kampfzone", wie er der „Bild“-Zeitung sagte. Wohin die Geiseln gebracht wurden, sagte er nicht. Laut einem Sprecher des Auswärtigen Amts gab es am Freitag einen Kontakt mit den gefangengenommenen OSZE-Militärbeobachtern. Weitere Einzelheiten gab er aber nicht bekannt.

Ukraine-Krise hat negative Auswirkungen auf deutsche Wirtschaft

Ein Secret Service Agent hält auf dem Flughafen Washington Bundeskanzlerin Merkel die Tür der gepanzerten Limousine auf. Merkel ist zu einem Kurzbesuch in die USA gereist. Quelle: dpa

Das dänische Militär hatte zuvor mitgeteilt, dass es den Festgehaltenen den Umständen entsprechend gut gehe. „Nach unseren Informationen sind der dänische und die anderen Beobachter in Sicherheit. Sie werden zwar weiterhin festgehalten, aber in Bezug auf das, was im Moment in Slawjansk vor sich geht, sind sie in Sicherheit“, sagte Henrik Mortensen vom Verteidigungskommando der Nachrichtenagentur Ritzau.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist derweil in den USA eingetroffen und zunächst mit US-Senatoren zusammengetroffen. Merkel steht vor schwierigen Gesprächen mit US-Präsident Barack Obama am Nachmittag. Die Ukraine-Krise und Russland-Sanktionen dürften die Gespräche im Weißen Haus bestimmen. Ganze vier Stunden nimmt sich Obama für die Kanzlerin Zeit, das gilt als recht lange und daher als freundliche Geste. Dabei dürfte sich Merkel jedoch auch deutlichen Forderungen und Kritik gegenübersehen.

Vor allem Kongressmitglieder verlangen immer wieder, Merkel solle sich für schärfere Sanktionen einsetzen und dürfe nicht zu viel Rücksicht auf die deutsche Wirtschaft nehmen. US-Außenminister John Kerry hatte kürzlich die Europäer angemahnt, ihre Energieabhängigkeit von Moskau schnellstmöglich zu verringern.

Auch innerhalb des Weißen Hauses gibt es Bestrebungen, dass Obama mit härteren Russland-Sanktionen vorangeht, wie US-Medien berichteten. Doch bislang betone Obama, die Einigkeit mit den Europäern im Vorgehen gegen Russland sei ihm wichtig. Bei dem Treffen mit Merkel dürfte es vor allem darum gehen, ob und wann die „dritte Sanktionsstufe“ in Kraft treten soll, bei der ganze russische Wirtschaftszweige mit Strafmaßnahmen belegt werden. Es heißt, Obama wolle von Merkel eine klare Zusicherung, dass Berlin zu einem solchen Schritt bereit sei.

Die Ukraine-Krise und die Spannungen mit Russland haben nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) bereits negative Folgen für die deutsche Wirtschaft. Die Exporte seien stark rückläufig, und die Geschäftserwartungen deutscher Unternehmen trübten sich zunehmend ein, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer der „Berliner Zeitung“. Auch mit großen Investitionen hielten sich die Firmen zurück. Sanktionen hält Schweitzer dennoch für ein geeignetes Mittel, um Druck auf die Regierung in Moskau auszuüben. Er betonte aber: „Die wirtschaftlichen Verflechtungen sind eine Chance für einen ernsthaften Dialog. Das müssen wir nutzen.“

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