Militärdiktatur Myanmars gigantisches Hafenprojekt

Von der Militärdiktatur zum Business-Zentrum: Myanmar will mit einem gigantischen Hafenprojekt die Handelsströme in Asien aufmischen. Das bitterarme Volk wird vertrieben und protestiert.

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In Dawei in Myanmar soll einer der zehn größten Häfen der Welt entstehen. Was mit den ansässigen Bauern geschieht, ist unklar. Quelle: dpa

Rangun Noch dümpeln zerbeulte Fischerboote vor der Küste von Dawei in Myanmar, im Hinterland bestellen Bauern mit Büffeln ihre Felder. Sie sollen aber vertrieben werden, denn es soll eine gigantische Industriezone mit Tiefseehafen entstehen.

Der Staat in Südostasien, dessen Militärjunta das Volk bis 2011 jahrzehntelang knüppelte, will damit in die Weltliga der Hafenbetreiber. Dawei würde mit seiner Kapazität heute zu den zehn größten Häfen der Welt gehören. Die Verträge für die erste Bauphase sollen bis Ende April unterzeichnet werden, sagt Thailands größte Baufirma Italian-Thai.

Dawei vermarktet sich als „neues Tor nach Indochina“, die Germany Trade and Invest Gesellschaft für Außenwirtschaft nennt es das vermeintlich ehrgeizigste Industriezonenprojekt Südostasiens. „Dawei wird der größte Logistik-Hub dieser Art in der Region“, sagt der Marketing-Manager von Italian-Thai, Pravee Kamolkanchana. „Es ist das größte Projekt in der Firmengeschichte.“

Die Firma trägt „Italian“ aus historischen Gründen im Namen, ist aber ganz in thailändischer Hand. Das Projekt soll nach ihren Angaben 50 Milliarden Dollar (46,5 Milliarden Euro) kosten und in der Region 100.000 Arbeitsplätze schaffen.

Vor Ort schrillen aber die Alarmglocken. Rund 43 000 Menschen leben dort nach Angaben des Dawei-Entwicklungsvereins und sollen teilweise umgesiedelt werden. Der Verein will helfen, dass die Menschen nicht über den Tisch gezogen werden. „Der Kompensationsprozess ist völlig unzureichend“, kritisiert er in einem 80-seitigen Report. „Das Geld reicht nicht, um die Zukunft der Familien zu sichern.“

Ma Nu Man (38) hat mit ihrem Mann in Launglon eine Cashew-Nuss Farm aufgebaut, die im Jahr umgerechnet 4000 Euro abwirft. „Sie haben etwas mehr als eine Jahresernte für die Farm geboten – wir sterben lieber, als das anzunehmen“, sagt sie der Deutschen Presse-Agentur. „Zahreiche Anwohner haben schon Land und Felder verloren, sie wurden konfisziert und die Besitzer nicht vernünftig entlohnt“, sagt Chit Chit Win, Sprecherin der Hilfsorganisation Tavoyan Women's Union.


„Die Leute freuen sich, dass wir kommen“

„Die Leute freuen sich, dass wir kommen, weil es dann Jobs auf dem Bau gibt und in den Fabriken und im Hafen“, sagt dagegen Pravee. Wer weichen müsse, bekomme zehn Kilometer weiter Land. Dort verspricht die Firma auch neue Schulen, Tempel, Krankenhäuser. Myanmar ist nach Angaben der Weltbank eines der ärmsten Länder der Region. 37 Prozent der rund 55 Millionen Einwohner leben unter der Armutsgrenze.

Ein Blick auf die Landkarte zeigt die Attraktivität des Standorts: er liegt in der Andamansee zwischen Indien und China, nur 300 Kilometer von der Acht-Millionen-Metropole Bangkok entfernt. Heute müssen große Containerschiffe mit Ware für Südostasien bis zum nächsten Tiefseehafen nach Singapur fahren, oder noch weiter zu den Häfen am Chinesischen Meer. „Dawei wird Transportzeiten und Kosten dramatisch senken“, sagt Chayut Setboonsarng, Analyst an einem Südostasien-Institut in Bangkok.

Dawei soll mit Autobahn, Eisenbahn und Pipeline bis ins 900 Kilometer entfernte China vernetzt werden. Das Wirtschaftsforschungsinstitut für Süd- und Südostasien (ERIA) sieht in einer Studie erhebliche Wachstumszuwächse für Thailand, Myanmar und die gesamte Region.

Es gibt aber auch Skeptiker. Das Projekt hat sich verzögert, weil Interessenten für die Industriezone ausblieben. Firmen wollten erstmal Investitionen in die Infrastruktur sehen, bevor sie sich engagierten, stellte die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) fest.

„Daweis wirtschaftliche Aussichten sind düster“, lautet gar das vernichtende Urteil des Experten für Sonderwirtschaftszonen in Myanmar, Josh Wood, von der Australien National University. Der Standort habe keine Infrastruktur wie Banken, Internet, Straßen, nicht genügend Arbeiter und liege fernab etablierter Handelsrouten.

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