Militäroffensive im Irak "Der Islamische Staat wird nicht aufgeben"

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Wollen die Kurden da mitmachen?

Für viele ist ein föderaler Irak, der Minderheiten achtet, nichts als Wunschdenken.
Die Schiiten, die in der Mehrheit sind, müssen nun nachweisen, dass sie das tun, was sie den Amerikanern versprochen haben. Sie müssen eine Gesellschaftsform errichten, in der die Sunniten eine wichtige Rolle spielen können. Die Verfassung, die die Amerikaner vor über einem Jahrzehnt mitgeschrieben haben, sieht eine Teilung der Macht vor. Diese Verfassung muss nun mit Leben erfüllt werden.

Wollen die Kurden da überhaupt mitmachen?
Das wird schwierig. Die Kurden haben den Aufmarsch des IS dafür genutzt, ihr Herrschaftsterritorium im Norden zu stabilisieren. Ihre Peschmerga-Kämpfer sind auf dem neusten technischen Stand, auch weil wir sie mit Waffen beliefert haben. Und obwohl die Öl-Einnahmen etwas weggeschmolzen sind und es den Kurden nicht mehr so gut geht, ist der kurdische Staat insgesamt in einer guten Verfassung. De facto ist das kurdische Gebiet nicht mehr Teil des Iraks. Wenn Kurdistan Teil des Landes bleiben soll, dann nur mit großen Autonomierechten, also eigener Provinzregierung und eigenen militärischen Einheiten.

Und wenn die Kurden einen eigenen Staat ausrufen?
Dann könnte die Zentralregierung in Bagdad kaum etwas dagegen tun. Kurdistan wäre militärisch recht schlagfertig. Die irakische Armee wird diesen Kampf nicht suchen. Wenn die Kurden clever sind, rufen ihn aber nicht. Denn die völkerrechtliche Frage ist für viele Kurden zweitrangig.

Deutschland beteiligt sich mit Aufklärungs-Tornados in der Anti-IS-Koalition. Wird dieses Engagement nun unnötig?
Sobald irgendwer das Signal gibt, dass der Kampf endet, werden die Deutschen die Ersten sein, die den Abzug beginnen. Die Tornados waren ohnehin hilfreich bei der Aufklärung, weil sie keine für Angriffe verwertbaren Bilder und Fotos machen durften. Die Deutschen spielen also ihre alte Doppelrolle weiter. Sie wollen Teil der westlichen Allianz sein. Aber sie sind nicht bereit, die gleichen Risiken einzugehen, wie andere westliche Mächte in der Region.

Die Kanzlerin sagte kürzlich, sie wolle mehr Geld in die Bundeswehr stecken, damit die mehr Verantwortung übernehmen kann.
Im Vergleich zu anderen Nato-Staaten ist unser Niveau erbärmlich niedrig. Wir investieren zu viel in Personal und zu wenig in Waffen und kriegsrelevante Ausrüstung. Das zusätzliche Geld wird also kurzfristig kaum etwas bringen. Unsere Truppe ist und bleibt für solche Einsätze nur bedingt einsatzbereit.

Die gefährlichsten Krisengebiete der Welt
Syrien und IrakIn den Konflikten in Syrien und im Irak gehört die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu den stärksten Kriegsparteien. Sie beherrscht in beiden Ländern große Gebiete, in denen sie ein „Kalifat“ errichtet hat. Im syrischen Bürgerkrieg bekämpfen sich zudem das Regime und seine Gegner. Die Armee ist mit starker Hilfe von Kämpfern aus dem Iran, von der libanesischen Schiiten-Miliz Hisbollah sowie von der russischen Luftwaffe auf dem Vormarsch. Die moderate Opposition wird vom Westen unterstützt. Quelle: AP
Ukraine Quelle: dpa
Nigeria Quelle: dpa
Libyen Quelle: dpa
Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer Quelle: dpa
Nordkorea Quelle: dpa
Afghanistan Quelle: dpa

Wie können wir dem Irak helfen, die Wirtschaft wieder voran zu bringen?
Ich fürchte, dass wir kaum etwas tun können, denn die Sicherheitslage bleibt kritisch. Deutschland müsste sich an einer Friedenstruppe beteiligen – egal ob von der UN, Nato oder EU – um die Lage im Irak zu stabilisieren. Aber die Idee, dass deutsche Unternehmen künftig in den Irak investieren, halte ich für abwegig. Es gibt keine Sicherheit, kein geschultes Personal und keinen Markt.

Aber das Öl- und Gasgeschäft ist schon lukrativ.
Der Irak braucht dieses Geschäft, um sich zu stabilisieren. Aber da spielen deutsche Unternehmen keine Rolle – mit Ausnahme von BASF vielleicht. In solche Krisenregionen gehen eher chinesische Unternehmen rein, aber keine deutschen.

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