Minister tritt zurück Spanien stoppt verschärftes Abtreibungsgesetz

Die spanischen Konservativen hadern mit dem relativ liberalen Abtreibungsgesetz. Regierungschef Rajoy wollte eine Verschärfung durchsetzen, gibt die Pläne aber auf. Der Justizminister sieht sich dadurch brüskiert.

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Der spanische Justizminister Alberto Ruiz-Gallardon ist am Dienstag zurückgetreten. Quelle: dpa

Madrid Spaniens konservative Regierung zieht ihre Pläne für eine umstrittene Verschärfung der Abtreibungsgesetze zurück. Ministerpräsident Mariano Rajoy reagierte damit auf die seit Monaten anhaltenden Proteste von Frauengruppen und der Opposition. Daraufhin erklärte Justizminister Alberto Ruiz-Gallardón seinen Rücktritt. Der frühere Madrider Bürgermeister, der den Gesetzesentwurf ausgearbeitet hatte, sah sich durch Rajoys Rückzieher bloßgestellt.

Der Regierungschef begründete den Verzicht auf die Pläne damit, dass es nicht gelungen sei, einen Konsens zu erzielen. Seit 2010 sind in Spanien - ähnlich wie in den meisten anderen Ländern Europas - Abtreibungen bis zur 14. Schwangerschaftswoche ohne Angabe von Gründen zugelassen. In Deutschland darf eine Frau innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen abtreiben lassen, wenn sie mindestens drei Tage vor dem Abbruch an einem Beratungsgespräch teilgenommen hat. In Spanien werden pro Jahr rund 110 000 Abtreibungen vorgenommen.

Die Regierung hatte die 2010 von den Sozialisten eingeführte Fristenregelung abschaffen und Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich für illegal erklären wollen. Dieses Vorhaben war nicht nur bei der Opposition, sondern auch in Teilen von Rajoys PP auf Ablehnung gestoßen. „Die Rücknahme ist die vernünftigste Lösung“, sagte Rajoy. „Wir wollen kein Gesetz verabschieden, das nach einem Regierungswechsel wieder geändert wird.“

Stattdessen solle nun eine Änderung an der bestehenden Regelung vorgenommen werden, kündigte Rajoy an. Es solle sichergestellt werden, dass Jugendliche im Alter zwischen 16 und 18 Jahren für eine Abtreibung die Erlaubnis der Eltern benötigten.

Der bisherige Justizminister Ruiz-Gallardón kündigte an, er werde seine politische Karriere nach 30 Jahren beenden und sein Abgeordnetenmandat sowie seine Parteiämter niederlegen. Der 55-Jährige verzichtete als erstes Mitglied der Rajoy-Regierung aus eigener Entscheidung auf sein Ministeramt. Ruiz-Gallardón gehörte zu den politischen Schwergewichten in der konservativen Volkspartei (PP) und hatte die Verschärfung der Abtreibungsgesetze als eines seiner wichtigsten Vorhaben betrachtet.

Die Regierung hatte ursprünglich die Fristenregelung ganz abschaffen wollen. Schwangerschaftsabbrüche sollten danach nur noch in Ausnahmefällen wie nach einer Vergewaltigung oder bei schweren gesundheitlichen Risiken für die Frau zugelassen werden.

Die katholische Kirche hielt der Regierung vor, sich bei der Zurücknahme vom Wahlkampfkalkül habe leiten lassen. „Die Parteiinteressen rechtfertigen nicht den Tod unschuldiger menschlicher Wesen“, sagte der Sprecher der spanischen Bischofskonferenz, José María Gil Tamayo. Die Frauenverbände begrüßten demgegenüber die Zurücknahme als den „einzigen logischen Ausweg“.

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