Missbrauch von Steuergeldern Betrugsermittler sehen Probleme im EU-Parlament

Die Betrugsermittler der EU müssen seit einiger Zeit öfter als es ihnen lieb ist an Türen im Europaparlament klopfen. Von einem „strukturellen Problem“ ist die Rede. Braucht es neue Regeln?

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Brüssel Der oberste Betrugsermittler der EU fordert vom Europaparlament, die Möglichkeit zum Missbrauch von Steuergeldern durch Abgeordnete und deren Mitarbeiter einzuschränken. „Es ist niemals gut, wenn Ermittler zu oft an der Tür klingeln“, sagte Giovanni Kessler am Mittwoch mit Blick auf die steigende Zahl von Fällen, die von seiner Behörde untersucht werden müssen. Es könnte der Zeitpunkt gekommen sei, an dem die Politik gut beraten sei, einzugreifen. Es gebe offensichtlich ein „strukturelles Problem“, so der Chef des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (Olaf).

Ohne konkrete Namen und Zahlen zu nennen, machte Kessler mit seinen Äußerungen klar, dass der Fall der französischen Europaabgeordneten Marine Le Pen kein Einzelfall zu sein scheint. Bei Ermittlungen gegen die Rechtspopulistin hatten die Fahnder herausgefunden, dass zwei ihrer mit Steuergeldern bezahlten Parlamentsassistenten gar nicht wie vorgeschrieben in der Volksvertretung tätig waren. Le Pen sieht sich deswegen nun mit Rückforderungen in Höhe von rund 339.000 Euro konfrontiert.

Es liefen mittlerweile 47 Verfahren, die Mitarbeiter des Parlaments und anderer EU-Institutionen beträfen, sagte Kessler ohne Angabe weiterer Details. Zudem seien weiter Fälle in Prüfung. Zuletzt waren ähnliche Vorwürfe wie gegen Le Pen gegen die neue französische Europaministerin und bisherige Europaabgeordnete Marielle de Sarnez aufgetaucht. Zu ihrem Fall hat sich Olaf bislang aber noch nicht geäußert.

Kessler kündigte zudem an, Vorwürfe prüfen zu wollen, nach denen Abgeordnete ihre steuerfreie Kostenpauschale „missbrauchen“, indem sie mit dem Geld Büroräume in eigenen Immobilien finanzieren. Das hatten am Dienstagabend das ARD-Politikmagazin Report Mainz und der „Stern“ berichtet.

Eine Voruntersuchung zu Vorwürfen der Vetternwirtschaft gegen den früheren EU-Parlamentspräsidenten und SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz war zuletzt ergebnislos geblieben. Bei ihr wurden keinerlei Hinweise auf juristisch relevantes Fehlverhalten festgestellt. Aus Parlamentskreisen hieß es am Mittwoch, dass auch die Tatsache, dass Abgeordnete von sich selbst Büroräume mieteten, gegen keinerlei Regeln verstoße.

Mit Spannung wird unterdessen erwartet, wie Olaf-Ermittlungen zur sogenannten Panama-Affäre ausgehen. Nach Angaben der Behörde laufen dazu insgesamt vier Untersuchungsverfahren. Ausgangspunkt waren Recherchen eines internationalen Netzwerkes investigativer Journalisten. Dieses hatte im April 2016 über rund 200 000 Briefkastenfirmen berichtet, die von der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca gegründet worden waren. In diesen Briefkastenfirmen sollen Politiker, Prominente und Sportler ihr Vermögen geparkt haben.

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