Münchner Sicherheitskonferenz Europa allein mit den Kriegen

Nie war die Sicherheitskonferenz in München so gut besucht wie dieses Jahr – und selten loderten im Hinterhof Europas so viele gefährliche Krisen. Welche Probleme die dreitägige Tagung dominieren werden.

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Die Konflikte in Westafrika sowie im Nahen und Mittleren Osten sind die Schwerpunkt-Themen der 49. Münchner Sicherheitskonferenz (MSC). Quelle: dapd

Inhaltlich wird es manch ein Déjà-vu geben, wenn am Wochenende Spitzenvertreter aus Politik und Wirtschaft in München brennende Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik debattieren. Vor einem Jahr etwa, als manch einer den Westen in Sicherheitsfragen noch kollektiv handlungsfähig wähnte, stand der Bürgerkrieg in Syrien ganz oben auf der Tagesordnung. So wie dieses Jahr auch – nur dass in der Zwischenzeit zigtausend Menschen dem brutalen Bürgerkrieg des Assad-Regimes zum Opfer gefallen sind. Bis heute hat sich die einst so schlagkräftige und sendungsbewusste westliche Werte- und Staatengemeinschaft in Syrien militärisch zurückgehalten.

Natürlich gibt es für die Zurückhaltung militärische Gründe. Das grundsätzliche Problem dahinter ist aber ein politisches: Die USA entziehen sich unter US-Barrack Obama jener "weltpolizeilichen" Verantwortung, die sie jahrzehntelang trotz teils scharfer Kritik übernommen hatten. Nun, da Washington sich einigelt wie seit den Jahren zwischen den Weltkriegen nicht mehr, zeigt sich, wie unkoordiniert und planlos die Sicherheitspolitik der Europäischen Union ist. Da die jüngsten Konflikte vor allem in Nordafrika und Arabien und somit im Hinterhof der EU lodern, ist die Krise der koordinierten Sicherheitspolitik des Westens vor allem ein Risiko für Europa.

Die zehn friedlichsten Länder der Welt
Friedensforscher haben an die Bundesregierung appelliert, auf die Anschaffung von Kampfdrohnen zu verzichten. Deutschland solle sich stattdessen für ein internationales Verbot dieser Waffensysteme einsetzen. Das forderten vier deutsche Institute für Friedens- und Konfliktforschung als Herausgeber des „Friedensgutachtens 2013 “. Trotz der Drohnen-Affäre erwägt Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), am Kauf von Kampfdrohnen für die Bundeswehr festzuhalten. Der unter Druck stehende CDU-Politiker will bis zu 16 unbemannte Flugzeuge anschaffen, wie Ende Mai aus einer Regierungsantwort auf eine SPD-Anfrage hervorging. Die Friedensforscher kritisierten, bewaffnete Drohnen versinnbildlichten den „schlanken Krieg“ per Fernsteuerung wie kein anderes Waffensystem. „Wenn man zu militärischen Mitteln greifen kann, ohne das Leben eigener Soldaten zu riskieren, sinkt die Hemmschwelle zum Einsatz von Gewalt.“ Nach Angaben der Institute besitzen mehr als 80 Staaten inzwischen Aufklärungsdrohnen. Die Bundesregierung solle zudem Rüstungsexporte einschränken und mehr Transparenz bei Beschlüssen zu Waffenausfuhren zulassen, forderten die Forscher weiter. Über größere Waffenlieferungen solle künftig der Bundestag debattieren, nicht nur geheime Gremien. Die Bundesrepublik ist hinter den USA und Russland drittgrößter Waffenexporteur der Welt. Unter den friedlichsten Ländern der Welt schafft es Deutschland nur auf Platz 15. Quelle: dpa
Platz 10: SchweizVor allem die neutrale Schweiz ist in den vergangenen Jahren friedlicher geworden. Belegte das Alpenland 2010 noch Platz 18, war es vergangenes Jahr Platz 16 – und dieses Jahr Platz 10. Bei Morden, Bevölkerungsanteil im Gefängnis und politischen Terror schneidet sie mit einem GPI von 1,0 sehr gut ab. Je niedriger der errechnete Index, desto friedlicher ist das Land in der jeweiligen Kategorie. So gibt es für die Alpenrepublik unter anderem Abzug wegen Waffenexporten (4,0), Militärgröße (3,0) und Kriminalität (2,0). Quelle: AP
Platz 9: FinnlandFinnland ist um zwei Plätze zurück gefallen. Belegten die Nordlichter in Sachen Friedlichkeit 2011 noch Platz 7, ist es dieses Jahr Platz 9. Diesen Rang hatten die Finnen schon 2010 inne. Ob Gewaltverbrechen, Terroranschlägen oder bewaffnete Sicherheitskräfte – Finnland erreicht in vielen Punkten einen GPI von 1,0. Den schlechtesten Index gibt es mit 3,0 für die Größe des Militärs. 2,5 erhält Finnland für seine schwere Bewaffnung, 2,0 unter anderem wegen gewalttätiger Demonstrationen und Morde. Quelle: obs
Platz 8: SlowenienSlowenien ist in den vergangenen Jahren stetig friedlicher geworden. Belegte die ehemalige jugoslawische Republik 2008 noch Rang 16, hat sie sich mittlerweile auf den achten Platz vorgearbeitet. Der schlechteste GPI Sloweniens beträgt 2,0. Den erhält das Mittelmeerland etwa für seine Beziehungen zu Nachbarstaaten, Kriminalität und gewalttätige Demonstrationen. Quelle: AP
Platz 6: IrlandDie grüne Insel kletterte im Ranking dieses Jahr von Platz 11 auf Platz 6 hoch. Lob und damit einen GPI von 1,0 gibt es etwa für die Vertriebenenpolitik, politische Stabilität und Morde. 2,0 gab es etwa wegen den irischen Polizisten, Gewaltverbrechen und Zugang zu Waffen. Quelle: gms
Platz 6: ÖsterreichDen sechsten Platz teilt sich Irland mit Österreich. Zwar belegte der Alpenstaat 2007 noch Platz 10, doch stand Österreich etwa 2010 mit Rang 4 auch mal besser da. Das Institute for Economics and Peace hat etwa die Größe des Militärs zu bemängeln (3,0), Kriminalität und gewalttätige Demonstrationen (je 2,0). Quelle: gms
Platz 5: JapanDas Land des Lächelns ist zwei Plätze abgestiegen und belegt dieses Jahr im Friedlichkeitsranking Platz 5. Vor allem für die Größe des Militärs gibt es mit einem GPI von 4,0 einen großen Abzug. Die Beziehungen zu benachbarten Ländern könnte auch besser aussehen. Dafür erhält Japan nur einen GPI von 3,0. Quelle: dpa

Das Beispiel Mali illustriert dies besonders gut: Islamisten hatten Anfang vergangenen Jahres den Norden des Landes besetzt und begonnen, in der faktisch grenzenlosen Sahara ihren Machtbereich zu konsolidieren. In Brüssel und den EU-Hauptstädten ist dies seit Monaten bekannt – entschlossen vermochte aber niemand zu handeln. Zäh wurde über eine Ausbildungsmission für malische Soldaten verhandelt, die frühestens im Herbst dieses Jahres hätte starten können. Schlussendlich wurde die EU von der Realität eingeholt und überholt.

Frankreich übernahm die Initiative, als die Lage in Mali mit dem Vormarsch der Islamisten eskalierte – und intervenierte wie zu Zeiten des 19. Jahrhunderts selbst. In Brüssel, wo sich der Traum einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik hartnäckig hält, wurde der Einsatz der für solche Lagen aufgestellten "schnellen" Eingreiftruppe (EU Battlegroup) nicht einmal erwogen. Deutschland zieht sich weitgehend auf die Scheckbuch-Diplomatie aus Kanzler Kohls Zeiten zurück. Nie war der Westen passiver – und nie war die Bedrohung so groß wie jetzt.

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