Münchner Sicherheitskonferenz Die vier Gefahren für unseren Wohlstand

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Geschwächte Institutionen

In der Flüchtlingskrise wird überdeutlich, wie Gastgeber Ischinger sagt, dass alle großen EU-Projekte in Schönwetterzeiten entstanden seien, vom Schengen-System bis zum Euro. „Jetzt regnet es plötzlich so stark, dass Europa in den Grundfesten erschüttert wird“, so Ischinger. Der Zeitpunkt dafür könnte nicht ungünstiger sein, schließlich wollen die USA nur noch punktuell führen.

In der Weltpolitik ist ein Vakuum entstanden – das in der Münchener Ratlosigkeit Ausdruck fand, wer im verwirrenden Rennen um das Weiße Haus gewinnen könnte. Eine Folge dieses Vakuums: Globalisierung à la carte. Statt in der Welthandelsorganisation WTO multilateral zu verhandeln, schließen vor allem die Amerikaner mit ausgewählten Staaten Handelsabkommen ab, meist gegen China (auch in Europa würden die Amerikaner dies mit TTIP gerne tun, doch dort ist das Misstrauen gegen US-dominierten Freihandel ausgeprägt, was obige These vom drohenden Kampf aller gegen alle unterstreicht). Umgekehrt traut China bestehenden Institutionen nicht, also leistet es sich eine konkurrierende Investitionsbank und eine neue Seidenstraße.

Schlachtfeld IT

So wie die Hardware der globalen Institutionen Fehlermeldungen produziert, so birgt auch die Softwarerevolution der vergangenen Jahre Gefahren. Was uns – wie Facebook - zusammen bringen sollte, entfernt uns oft voneinander, schon weil diese Netzwerke es sich leicht machen, es sich in der eigenen Meinung bequem zu machen.

Bei den Münchner Cybergesprächen der Mächtigen war vor allem Unsicherheit zu spüren – darüber, dass die weltweite Ethik nicht mit dem rasanten Tempo der technologischen Entwicklung Schritt halten kann. „Wissen wir, was uns technologisch bevor steht“, so lautete zudem eine oft gestellte Frage- und die ehrliche Antwort lautete: Nein.

Bei der Münchner Sicherheitskonferenz berät die internationale Gemeinschaft über Syrien, Ukraine und andere Krisen. Im Interview erklärt Konferenz-Chef Ischinger, warum die Lähmung von USA und Europa der Welt schaden.
von Gregor Peter Schmitz, Florian Willershausen

Zugleich verfestigen sich neue Gräben zwischen Nationen, etwa beim Cyberkrieg zwischen China und den USA der an einen Dialog unter Tauben erinnere, so Robin Niblett vom Chatham House. Während die Chinesen es als legitime politische Aufgabe ansehen, ihren Staat etwa durch IT-Datendiebstahl voran zu bringen, behandeln die Amerikaner solche Angriffe wie eine Kriegserklärung. Zugleich tut sich Europa nach wie vor schwer, eigene digitale Champions zu schaffen. In vielen Unternehmen des sonst so fortschrittlichen deutschen Mittelstandes gilt etwa derzeit noch als Digitalisierung, eine Webseite zu haben.

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