Nach Äußerungen über Ereignisse in Charlottesville Trump geht mit Großkundgebung in die Offensive

Erst hagelte es Kritik an seiner Reaktion auf Charlottesville, dann folgte der Abgang seines Chefstrategen: Hinter Trump liegt eine turbulente Woche. Mit Großkundgebungen will er Dienstag wieder in die Offensive gehen.

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Der US-Präsident machte nach Zusammenstößen von Nationalisten mit Gegendemonstranten beide Seiten gleichermaßen für die Gewalt verantwortlich und löste damit auch teils massive Kritik in den eigenen republikanischen Reihen aus. Quelle: AP

Washington/Boston Nach anhaltender Kritik an seinen milden Äußerungen über die rechtsextremen Auswüchse von Charlottesville will US-Präsident Donald Trump mit einer Großkundgebung wieder in die Offensive gehen. Am Dienstagabend (Ortszeit) wird Trump vor Tausenden Anhängern in Phoenix (Arizona) sprechen – trotz der Bitte des demokratischen Bürgermeisters der Stadt, Greg Stanton, der Nation so kurz nach Charlottesville erst einmal Zeit zur Verarbeitung und „Heilung“ zu geben. Auch besteht die Sorge, dass es zu Zusammenstößen zwischen Trump-Anhängern und Gegendemonstranten kommen könnte.

Am Samstag – eine Woche nach der Gewalteskalation in Charlottesville – hatten in der US-Ostküstenmetropole Boston Zehntausende Menschen friedlich gegen Rassismus und Hass demonstriert. Diesmal war Trump sichtlich bemüht, einen neuen Ton zu setzen. „Ich möchte den vielen Protestierenden in Boston applaudieren, die ihre Stimme gegen Bigotterie und Hass erheben“, schrieb er auf Twitter. „Unser Land wird bald als ein geeintes zusammenkommen!“

In Charlottesville war es bei einer Demonstration von weißen Nationalisten und Neonazis zu Zusammenstößen mit Gegendemonstranten gekommen. Ein mutmaßlicher Rechtsextremist steuerte sein Auto in eine Gruppe von Anti-Rassismus-Demonstranten und tötete eine Frau. Trump machte danach beide Seiten gleichermaßen für die Gewalt verantwortlich und löste damit auch teils massive Kritik in den eigenen republikanischen Reihen aus.

„Unser großartiges Land ist seit Jahrzehnten geteilt“, twitterte Trump nun am Samstag. „Manchmal muss man protestieren, um zu heilen und wir werden heilen und stärker sein als je zuvor!“

An dem Protestmarsch in Boston nahmen nach Schätzungen der Polizei bis zu 40.000 Menschen teil. Die Demonstration richtete sich auch gegen eine Kundgebung, die zur selben Zeit in einem Park der Stadt stattfand. Während diese nach Angaben der Organisatoren dazu diente, für das Recht auf freie Meinungsäußerung einzutreten, sahen die Gegendemonstranten rechtsextreme Motive hinter der Versammlung.

Die Kundgebung mit nur wenigen Teilnehmern wurde völlig von den Gegendemonstranten übertönt und daher vorzeitig und ohne Reden beendet. Der Polizei zufolge gab es nur vereinzelte Zwischenfälle und insgesamt 27 Festnahmen.


Trump braucht Rückenwind

Trump schloss am Sonntag einen zweiwöchigen Arbeitsurlaub in seinem Golfclub in Bedminster (New Jersey) ab. Er ging ohne seinen populistischen Chefstrategen Stephen Bannon in den achten Monat seiner Amtszeit: Dieser hatte am Freitag seinen Platz im Weißen Haus geräumt. Bannon will aber dem Präsidenten weiter dienen – und glaubt, dass er das außerhalb der Regierungszentrale sogar noch schlagkräftiger kann: mit Hilfe seiner Nachrichtenseite Breitbart. Er kehrte unmittelbar dorthin in leitender Funktion zurück und kündigte an, er werde „weiterhin für Trump in den Krieg ziehen“.

„Jetzt bin ich frei“, fuhr Bannon in einem Interview des „Weekly Standard“ fort. „Ich habe meine Hände wieder an den Waffen.“ Zugleich betonte der Ex-Berater, die Präsidentschaft Trumps in ihrer bisherigen Form sei Geschichte. „Die Trump-Präsidentschaft, für die wir gekämpft und die wir errungen haben, ist vorüber. Wir haben weiter eine große Bewegung und werden etwas aus dieser Trump-Präsidentschaft machen (...). Aber es wird etwas anderes sein.“ Die moderaten Kräfte im Kongress würden nun Oberwasser gewinnen. Trump werde es noch schwerer haben, seine Agenda durchzusetzen.

„Das republikanische Establishment hat kein Interesse daran, dass Trump Erfolg hat“, sagte Bannon. „Sie sind keine Populisten, keine Nationalisten, sie haben kein Interesse an seinem Programm. Null.“ Außer einer abgeschwächten Steuerreform, wie sie für Republikaner üblich sei, werde nichts von Trumps Programm umgesetzt werden.

Trump würdigte seinen Ex-Berater am Samstag in einem Tweet. „Ich möchte Steve Bannon für seinen Dienst danken“, schrieb der Präsident. „Er stieß während meines Rennens gegen die betrügerische Hillary Clinton zu meinem Wahlkampf – es war großartig! Danke S.“

Trump sagte weiter voraus: „Steve Bannon wird eine harte und kluge neue Stimme bei @BreitbartNews sein ... vielleicht sogar besser als jemals zuvor. Die Lügenmedien (Fake News) brauchen Konkurrenz!“

Und Trump braucht Rückenwind: Er hat bisher weder eine neue Gesundheitsreform durchgesetzt noch seine bis zum Jahresende versprochene umfassende Steuerreform auf den Weg gebracht. Sein großes Infrastrukturprogramm steht bisher weitgehend nur auf dem Papier, und es stehen schwierige Haushaltsberatungen im Kongress an.

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