Nach der US-Wahl Rassismus ist jetzt steuerfrei

Weiße Nationalisten sammeln in den USA Millionen Dollar für die „weiße Rasse“. Als Wohlfahrtsorganisationen sind ihre Einnahmen von der Bundessteuer befreit. Doch gemeinnützig sind ihre Ziele wohl kaum.

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Weiße Nationalisten glauben fest an die Rassentheorien des vorherigen Jahrhunderts. Dank Trumps Wahlsieg bekommen sie vermehrt Spenden – steuerfrei. Quelle: dpa

Baton Rouge Die Washingtoner Regierung hat es vier Gruppen an der Spitze der Bewegung weißer Nationalisten erlaubt, als Wohltätigkeitsorganisationen Millionen Dollar an Spenden praktisch steuerfrei zu sammeln. In den vergangenen zehn Jahren sind insgesamt mehr als 7,8 Millionen Dollar (7,5 Millionen Euro) zusammengekommen, wie die Nachrichtenagentur AP errechnet hat.

Ermutigt durch die Popularität des designierten US-Präsidenten Donald Trump hoffen die Gruppen, dass der Sieg des Republikaners ihnen hilft, künftig noch mehr Geld und eine größere Plattform für die Verbreitung ihrer Ideologie zu erhalten.

Mit gutartig klingenden Namen wie National Policy Institute (Nationales Politik-Institut) und New Century Foundation (Stiftung für das neue Jahrhundert) präsentieren sich die Gruppen als Bildungsorganisationen und benutzten die Spenden für Webseiten, Bücher und Konferenzen, um ihre Botschafter an den Mann und die Frau zu bringen. Aus den Mitteln wurde auch Salär für die Chefs der vier Organisationen bestritten.

Jared Taylor, der die New Century Foundation leitet, sagt, dass seine Gruppe Geld für die „weiße Rasse“ sammele – eine Mission, die angesichts der Befreiung von der Bundessteuer indirekt von den Steuerzahlern unterstützt wird. Der Fiskus in Gestalt der Behörde IRS hat die Foundation, die Charles Martel Society (Charles-Martel-Gesellschaft), das Policy Institute und die VDare Foundation vor mehr als zehn Jahren als Wohltätigkeitseinrichtungen anerkannt.

Der Status der Gemeinnützigkeit gibt ihnen eine Fassade der Legitimität und Seriosität, wie Steuerrechtsprofessor Samuel Brunson von der Loyola University in Chicago sagt. „Es sollte Leuten unbehaglich sein, dass die Regierung Gruppen bezuschusst, die Werte vertreten, die unvereinbar mit denen der meisten Amerikaner sind.“

Die Steuerbehörde hat versucht, Antragsteller für den gemeinnützigen Status herauszusieben, die lediglich Propaganda verbreiten. So wurde 1978 die Neonazi-Gruppe National Alliance zurückgewiesen, die ein antisemitisches Rundschreiben veröffentlicht hatte.


Sie bezeichnen sich als „Rassenrealisten“

Philip Hackney, früher Anwalt bei der IRS, weist indessen darauf hin, dass die Behörde jährlich Zehntausende von Anträgen erhalte und nicht über die Ressourcen verfüge, viele davon eingehend zu prüfen. „Eine Menge werden durchgewinkt“, sagt Hackney. „Sie bemühen sich um einfache Wege, Dinge zu bewältigen und schwingen sozusagen den Gummistempel.“

Die New Century Foundation mit Hauptsitz in Virginia hat seit 2007 mehr als zwei Millionen Dollar gesammelt. Sie betreibt das Online-Magazin „American Renaissance“, das eine Philosophie vertritt, nach der es völlig normal ist, wenn Weiße eine „Mehrheitsrasse“ sein wollen.

Taylor, ein Absolvent der renommierten Yale University und selbsterklärter „Rassenrealist“, betont, dass seine 1994 gegründete Gruppe alle gesetzliche Regeln für gemeinnützige Organisationen einhalte. „Wir verbergen unsere Absichten ganz gewiss nicht“, sagt er. „Ich denke, dass wir bildend sind in exakt dem Sinn, den der Kongress definiert hat.“

Taylor selber hat laut Steuerunterlagen im vergangenen Jahr 65.000 Dollar aus den Spendenmitteln als Entlohnung erhalten. Aber er unterstreicht, dass er kein Geld sammele, um sich oder die Gruppe zu bereichern. „Wir verwalten es treuhänderisch für die weiße Rasse“, versichert er. „Wir nehmen das ernst. Es ist nichts, was wir aus Spaß oder Profitgier machen. Es ist unsere Pflicht gegenüber unseren Leuten.“

Richard Spencer, der die Bezeichnung „alternative right“ (kurz alt-right/alternative Rechte) ungefähr vor zehn Jahren populär gemacht hat, steht an der Spitze des National Policy Institute, Hauptsitz in Montana. „Alt-right“ ist eine Randbewegung, die als eine Mischung von Rassismus, weißem Nationalismus und Populismus gilt. Die Gruppe hat von 2007 bis 2012 rund 440.000 Dollar an steuerfreien Spenden zusammenbekommen. Neuere Daten sind nicht erhältlich, aber Spencer zufolge hat Trumps Kandidatur bereits den Geldfluss beflügelt.


Rechtspopulist Spencer: „Heil Trump“

Nach der Präsidentschaftswahl hielt Spencer in Washington ein Treffen ab, das er mit dem Ausruf „Heil Trump, Heil unserem Volk, Sieg Heil!“ beendete. Teilnehmer antworteten, indem sie den Hitlergruß nachahmten.

Die Charles Martel Society mit Sitz in Georgia wurde vom reichen Verleger William Regnery II gegründet, der auch das National Policy Institute aus der Taufe gehoben hat. Die Gruppe sammelte zwischen 2007 und 2014 ungefähr 570.000 Dollar an Spenden und gibt „The Occidental Quarterly“ heraus. In einem Artikel des Journals vor einem Jahr wurde Trumps Wahlkampf als „game changer“ (etwas, was ein Spiel ändert) für weiße Menschen bezeichnet, die Immigration und kulturelle Vielfalt ablehnten. Weiter hieß es dann, dass es noch „ein weiter Weg dahin ist, die öffentliche Diskussion über Rasse, westliche Kultur und jüdischen Einfluss zu ändern“.

Kopf der 1999 gegründeten VDare Foundation ist Peter Brimelow, Gründer und Betreiber einer gegen Immigration gerichteten Webseite. Die Gruppe mit Sitz in Connecticut hat zwischen 2007 und 2015 fast 4,8 Millionen Dollar an Spenden erhalten. 2007 bekam Brimelow persönlich 378.000 Dollar aus dem Gabentopf - nach eigenen Angaben als Gehalt und Rückerstattung von Reisekosten und anderen Auslagen.

Brimelow weist Vorwürfe zurück, dass seine Webseite weißen Nationalismus vertrete, aber räumt ein, dass darauf Artikel von Autoren verbreitet würden, „auf die diese Beschreibung in dem Sinn passt, dass es ihr Ziel ist, die Interessen amerikanischer Weißer zu verteidigen“.

Auch Brimelow ist davon überzeugt, dass sich ein seit drei Jahren anhaltender Aufwärtstrend beim Spendenaufkommen während Trumps Regierungszeit fortsetzt: „Wir haben allen Grund, das zu glauben.“

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