Nach der US-Wahl Trumps Regierungsdämmerung

Donald Trump steht bei der Regierungsbildung vor einer Herkulesaufgabe wie selten ein US-Präsident zuvor. Er will mit den Eliten in Washington abrechnen. Nun werden die Kandidaten für die Regierungsposten konkreter.

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Donald Trump nahm mögliche neue Regierungsvertreter auf einem Golf-Ressort in Bedminster, New Jersey, unter die Lupe. Quelle: AFP

San Francisco Nach einem Tag mit Marathon-Meetings stellt sich der gewählte US-Präsident Donald Trump am späten Samstag auf seinem Golfressort in New Jersey der Presse. „Ich habe unglaubliche Talente gesehen“, tönte Trump. Details nannte er zwar nicht. Aber er versprach schnelle Entscheidungen. „Sie werden morgen (Sonntag) mehr erfahren“, sagte der 70-Jährige laut Nachrichtenagentur AFP.

Donald Trump hatte zur Kandidatenkür geladen und viele waren gekommen. Darunter auch Mitt Romney, 2012 selbst Kandidat und erbitterter Feind von Trump. Bislang sind keine Details über das Treffen bekannt geworden, außer den üblichen belanglosen Bestätigungen über gute und konstruktive Gespräche. „Wir hatten weitreichende Gespräche über viele Schauplätze, die für die USA relevant sind“, so Romney, „Wir haben das diskutiert und unsere Ansichten ausgetauscht“. Romney wird als potenzieller Außenminister gehandelt, aber viele Trump-Wähler könnten das als Affront sehen. Doch die Lage ist ernst. Trump muss eine funktionsfähige Regierungsmannschaft präsentieren. Je früher, je besser. Am 20. Januar 2017 wird er sein Amt als US-Präsident offiziell antreten.

Was in Washington gerade passiert, ist eigentlich ein ganz normaler Vorgang in einer Demokratie, auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen. Alte Eliten verlieren ihre Positionen und Privilegien, die sie für ewig in Besitz geglaubt hatten. Bekannte Gesichter, an die man sich gerade gewöhnt hatte, verschwinden. Sie tauschen unfreiwillig ihre gut dotierten Plätze mit den Mitgliedern einer neuen Elite. Es sind Plätze, die Einladungen zu wichtigen Ereignissen garantiert hatten, Macht, Einfluss und Entscheidungsbefugnisse.

Es werden wohl bekannte Gesichert dabei sein wie der Ex-General Michael Flynn, der Sicherheitsberater wird und einem Einreiseverbot für Muslime offen gegenübersteht. Sie verkörpern aus der Sicht der weichenden Eliten schon einmal das Übel per se. Es sind aber eben auch unbekannte Gesichter dabei, von denen man nicht weiß, was sie denken, was sie glauben oder anstreben. Immerhin werden bis Januar 2017 rund 4000 Schlüsselpositionen in Regierung und Verwaltung der USA neu besetzt. Viele von ihnen werden niemals irgendwo in den Medien erscheinen, aber sie werden Amerika prägen. Denn die US-Medien haben sich fast ausnahmslos auf die Seite von Hillary Clinton geschlagen. Die Türen zum Trump-Lager sind ihnen verschlossen.

Dabei dürften unter den Ernennungen Trumps einige Überraschungen sein. Er war nicht nur angetreten, um die demokratische Kandidatin Hillary Clinton zu schlagen. Er hat seinen Anhängern versprochen, auch den republikanischen Sumpf in Washington trockenzulegen. Wenn sich republikanische Parteispitzen im Wahlkampf einmischten, empfahl er ihnen schon mal, „einfach den Mund zu halten“. Er rüffelte jeden ab, der nicht direkt zu ihm hielt, warnte vor Konsequenzen. Das erfahrene Potenzial an eingespielten republikanischen Leistungsträgern, aus denen andere Präsidenten wie Ronald Reagan oder die Bush-Präsidenten vor ihm schöpfen konnten, fehlt ihm. Es gibt kaum Vertrauen. Nun muss er aufpassen, dass ihm in Ermangelung besserer Kandidaten sein Übergangs-Team nicht die dritte Wahl empfiehlt, aalglatte Karrieristen oder Trittbrettfahrer, die nur ihre Chance wittern, schnell Karriere zu machen.


Eine Demokratin unter Republikanern

Zuerst kamen die zum Zuge, die Trump in schweren Zeiten unterstützt hatten. So wie Steve Bannon, früherer Chef der ultra-konservativen Mediengruppe Breitbart. Er wird beschuldigt, ein „weißer Nationalist“ zu sein, was er jedoch brüsk zurückweist. Andere, wie Gouverneur Chris Christie, werden immer weiter demontiert. Christie war zwar ins Trump-Lager gewechselt, hatte aber in seiner Zeit als Generalstaatsanwalt ein Mitglied der Kushner-Familie, Charles Kushner, wegen Steuervergehen angeklagt und verurteilt hatte. Nun ist Jared Kushner aber ein Schwiegersohn von Trump und im Übergangs-Team. Seitdem verliert laut USA Today Christie rapide an Einfluss und seine Parteigänger werden sukzessive ausgebootet.

Mitt Romney dagegen kann so ein Testballon für Friedenverhandlungen mit dem Establishment sein. Wie es gehen könnte, hat ihm ausgerechnet Barack Obama vorgemacht. Nach einem erbitterten Wahlkampf mit tiefen Wunden ließ er nicht locker, bis er Hillary Clinton in sein Kabinett holen und die Partei einen konnte. Jeb Bush steht Trump als Friedensstifter nicht zur Verfügung, Paul Ryan oder besonders Ted Cruz sind dafür völlig schlicht ungeeignet. Im Gegenteil: Wenn man Donald Trump für etwas dankbar sein sollte, dann dafür, das Land vor dem ultra-konservativen, christlich fundamentalistischen Ted Cruz bewahrt zu haben.

Getroffen hat sich der gewählte US-Präsident am Wochenende mit dem 61-Jährigen Mike Huckabee, vormals Gouverneur von Arkansas. Doch die angebotenen Positionen seien „nicht wirklich passend“ gewesen, erklärte er auf Fox News. Angeblich sei der Botschafterposten in Israel im Gespräch gewesen, was Huckabee aber ausschlug. Er ist stets ein Gegner eines palästinensischen Staates gewesen und hatte relativ früh einen Sieg Trumps vorausgesagt.

Eine handfeste Überraschung war das Treffen mit Michelle Rhee, eine Demokratin, die bei vielen Republikanern unter Beschuss steht, weil sie einheitliche Prüfungsstandards in den USA für Schulkinder eingeführt hat. Das US-Bildungssystem gilt als uneffektiv und überteuert, so liegen die USA in Mathematik im Pisa-Ranking auf einem undankbaren 27-Platz unter den Industrienationen. Trump will hier anscheinend parteiübergreifend Pflöcke einschlagen. Dabei stören ihn die Proteste vieler Eltern scheinbar wenig, die die Prüfungsstandards wieder auf bundesstaatliche oder sogar lokale Ebene zurückgesetzt haben wollen. Rhee ist eine Befürworterin von Trumps Plan, verschiedene Optionen der Schulbildung, auch profitorientierte Unternehmen neben öffentlichen Schulen und Universitäten, anzubieten. Das scheint auszureichen, um die Tochter koreanischer Einwanderer zumindest einmal einzuladen. Zu Wahlkampfzeiten hatte er ihre USA-weiten Prüfungsstandards dagegen schon mal als „totales Desaster“ gebrandmarkt und dafür viel Applaus erhalten.


Wird der „Mad Dog“ Verteidigungsminister?

James Mattis war ebenfalls auf der großzügigen Golfanlage zu Gast, der pensionierte Marines-General ist ein „sehr starker Kandidat“ für das Verteidigungsministerium, wie ein Mitglied des Trump-Teams gegenüber dem TV-Sender Fox News erklärte. Mattis war der Nachfolger von General Petraeus in den Kriegen in Irak und Afghanistan. Der gerne auch mal „Mad dog Mattis“ genannte General ist laut Fox News berühmt für seinen Spruch: „Sei freundlich, professionell, aber habe einen Plan, jeden umzubringen, den zu triffst.“

Der 66-Jährige 4-Sterne-General hat nur ein Problem: Er ist noch nicht die vorgeschriebenen sieben Jahre im Ruhestand, um diesen regierungsposten übernehmen zu können. Er müsste eine Ausnahmegenehmigung erhalten. John McCain, Vietnam-Veteran und Kriegsgefangener, der von Trump übel angefeindet wurde („Ich mag keine Leute, die sich gefangen nehmen lassen“), hätte kein Problem mit Mattis. „Ich bin ein großer Bewunderer von Mattis“, sagte er der politischen Webseite „The Daily Beast“. McCain leitet das Senatskomitee, das über 50 Militärpositionen absegnen muss.

Sollte Mattis den Posten bekommen, würde er nahtlos in das neue politische Washington des Donald Trump passen, das für ein massiveres militärisches Auftreten der USA in den Krisenregionen der Welt eintritt.

Nach seiner Marathon-Sitzung zur Kandidatenkür versprach Trump für den heutigen Sonntag, weitere Details zu nennen. Es wird ein spannender Tag.

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