Nach Mord an Afroamerikaner US-Polizei übt Selbstkritik in Baltimore

Deutlicher denn je übt die Polizei von Baltimore Selbstkritik wegen der Festnahme des Schwarzen Freddie Gray. Die Demonstrationen gegen Polizeigewalt sollen am Samstag die Stadt lahmlegen, drohen die Protestierenden.

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Nach dem Tod von Freddie Gray: Protest vor dem Rathaus von Baltimore. Quelle: ap

Baltimore Der unter mysteriösen Umständen gestorbene Afroamerikaner Freddie Gray hätte bei seiner Festnahme durch Polizeibeamte in der US-Stadt Baltimore medizinische Hilfe bekommen müssen.

Die Polizei erklärte, der 25-Jährige hätte ärztlich untersucht werden müssen, bevor er in einen Polizei-Van gebracht worden sei. Kurz danach kam er mit einer Rückenmarkverletzung in ein Krankenhaus, wo er starb. Für (den heutigen) Samstag kündigten die Demonstranten ihren bislang größten Protestmarsch an.

Dieser werde die Stadt „lahmlegen“, sagten sie. In Baltimore gibt es seit fast einer Woche täglich Proteste. Bürgermeisterin Stephanie Rawlings-Blake dankte den Demonstranten, dass diese bislang friedlich geblieben seien. „Ich kann nicht abstreiten, dass wir hier in Baltimore eine lange und komplizierte Geschichte mit Themen wie diesem haben“, sagte sie.

„Aber es ist wichtig, dass wir eine genauso lange Geschichte friedlicher und legaler Proteste haben.“ Sie erwarte, dass die Ergebnisse der Ermittlungen in einer Woche an die Staatsanwaltschaft gegeben würden. Diese würde entscheiden, ob Anklage erhoben werde.

Die Polizei teilte in ihrem bislang deutlichsten Eingeständnis mit, die Beamten hätten „mehrere“ Gelegenheiten versäumt, dass sich ein Arzt um Gray kümmerte. Dieser habe mehrmals darum gebeten. In dem Van hätte der Festgenommene dann angeschnallt werden müssen, wie die Behörde nach einer Woche intensiver Untersuchungen bekanntgab.

Auch die seit dem Polizeischüssen auf den schwarzen Teenager Michael Brown in der Kleinstadt Ferguson im August 2014 anhaltende Debatte über übermäßige Gewalt der Vollzugsbehörden gegen Schwarze hatte durch den Fall neue Nahrung erhalten.

Gray war am 12. April in Gewahrsam genommen worden und erlitt zu einem bestimmten Zeitpunkt - entweder bei seiner Festnahme oder in den Van - eine Verletzung am Rücken. Die Behörden haben bislang nicht erklärt, wie es dazu kommen konnte. Sechs Polizisten wurden im Zuge des Vorfalls beurlaubt.

Gray hatte sich zusammen mit einem anderen Mann in einer wegen Drogenkriminalität berüchtigten Gegend in Baltimore aufgehalten. Als die Beamten „Blickkontakt“ mit ihm aufgenommen hätten, rannten er und der andere Verdächtige laut Polizeiangaben weg.

Doch hätten die Polizisten den 25-Jährigen zu fassen bekommen, ihm Handschellen angelegt und ihn in einen Transporter gebracht. Während der knapp halbstündigen Fahrt hielt der Wagen an. Weil Gray hinten „renitent“ geworden sei, seien ihm die Beine zusammengebunden worden.

Kommissar Anthony Batts sagte, es sei möglich, dass Gray bereits vor der Fahrt mit dem Van verletzt worden sei. Vielleicht sei es aber auch während der „rauen Fahrt“ geschehen. Es komme vor, dass die Beamten plötzlich bremsten oder die Kurven besonders scharf nähmen, um die Verdächtigen im Wagen zu verletzen.

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