Nach Urteil Protestler stürmen Rathaus von St. Louis

Einen Prozess für den Todesschützen des unbewaffneten schwarzen Jugendlichen Michael Brown wird es nicht geben. Die Entscheidung entsetzt viele; nicht nur in den USA. In St. Louis nehmen Protestler sogar das Rathaus ein.

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Etwa 200 Demonstranten stellen in St. Louis einen Prozess für den Polizisten und Brown-Todesschützen Wilson nach. Quelle: Reuters

Ferguson Nach der umstrittenen Entscheidung der Geschworenen im Fall des erschossenen schwarzen Jugendlichen Michael Brown haben Demonstranten das Rathaus der Stadt St. Louis gestürmt. Ein Teil der rund 200 Aktivisten gelangte am Mittwoch in das Gebäude und skandierte dabei „Schande, Schande“.

Die Wut der Demonstranten richtet sich gegen den Beschluss der Jury, wegen der tödlichen Schüsse keine Anklage gegen den weißen Polizisten Darren Wilson zu erheben.

In St. Louis und im Vorort Ferguson, wo Brown im August erschossen worden war, wurden in der Nacht zum Mittwoch mindestens 58 Personen festgenommen. Weitere Festnahmen gab es im Laufe des Tages. Für die Nacht zum Donnerstag, an dem die Amerikaner Thanksgiving feiern, wurden neue Proteste erwartet.

Weitere Unruhen wie Montagnacht, als mehrere Autos und Geschäfte in Flammen aufgegangen waren, blieben zunächst aus. Die Truppenstärke der Nationalgarde in der Region war von 700 auf 2200 aufgestockt worden.

Am Mittwoch stellten rund 200 Demonstranten in St. Louis einen Prozess für Wilson nach, bevor einige von ihnen das Rathaus stürmten. Bei der Aktion wurden zwei Personen festgenommen, teilte die Polizei mit.

Tausende Menschen gingen auch in vielen anderen Städten der USA wieder auf die Straßen, um ihren Unmut über die Entscheidung der Geschworenen kundzutun. Die Demonstranten riefen immer wieder „Hände hoch, nicht schießen!“. Sie bezogen sich damit auf Zeugenaussagen, wonach Brown seine Hände erhoben hatte, als er erschossen wurde.

Polizist Wilson beteuerte in einem Interview des Fernsehsenders ABC, dass er geschossen habe, weil er um sein Leben gefürchtet habe. Er habe nicht anders reagieren können und er hätte sich nicht anders verhalten, wenn Brown weiß gewesen wäre. Er bestritt, dass der 18-Jährige die Hände erhoben habe, um sich zu ergeben. „Ich weiß, dass ich meinen Job richtig gemacht habe“, sagte Wilson dem ABC-News-Moderator George Stephanopoulos.

Browns Mutter Lesley McSpadden sagte dem Fernsehsender NBC am Mittwoch, sie mache seit der Verkündung der Geschworenenentscheidung eine „schlaflose, harte, herzzerreißende und unglaubliche“ Zeit durch. Dass Wilson in seiner Aussage ihren Sohn als dämonisch beschrieben habe, sei respektlos und „fügt der Wunde eine Beleidigung hinzu“, sagte sie.

In der öffentlichen Diskussion war immer wieder betont worden, dass Brown unbewaffnet gewesen sei. Staatsanwalt Bob McCulloch hatte dies bei der Verkündung der Jury-Entscheidung mit keinem Wort erwähnt.

In der Tat ist das nach den in Missouri geltenden Vorschriften unerheblich. Nach dem Recht dieses US-Staats kann ein Polizist tödliche Gewalt anwenden, wenn er davon überzeugt ist, eine Person verhaften zu müssen, die eine Gefahr für das Leben anderer darstellen könnte. Genau das nimmt Wilson für sich in Anspruch.


In London solidarisieren sich 500 Demonstranten mit den US-Opfern

Auch in London sind mehr als 500 Menschen auf die Straße gegangen, um vor der US-Botschaft gegen Rassismus bei Justiz und Polizei in den Vereinigten Staaten zu demonstrieren. „Steckt die rassistischen Polizisten ins Gefängnis“ und „das Leben der Schwarzen zählt“ stand auf ihren Plakaten. Viele der Demonstranten in der britischen Hauptstadt trugen Kerzen, mit einer Schweigeminute gedachten sie der Opfer von Polizeigewalt weltweit.

Mit ihrem Protest solidarisierten sich die Menschen in London mit der schwarzen Gemeinschaft in den USA.

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