Nato-Engagement im Osten Das Risiko für Russland soll steigen

War die Nato im Osten jahrelang verwundbar? Die radikale Aufrüstungsoffensive des Bündnisses erweckt den Anschein. Mit zusätzlichen Truppen sollen nun klare Signale in Richtung Moskau gesendet werden.

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NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg eröffnet das Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel. Quelle: REUTERS

Wer dachte, dass die Friedensbemühungen im Ukraine-Konflikt den Aufrüstungskurs der Nato verlangsamen könnten, sieht sich getäuscht. Das westliche Militärbündnis arbeitet mit Hochdruck an weiteren Abschreckungsmaßnahmen gegen Russland. Bei einem Verteidigungsministertreffen in Brüssel werden derzeit die letzten Vorbereitungen für ein umfassendes Verteidigungspaket getroffen, das am 8. und 9. Juli in Warschau präsentiert werden soll. Ein Überblick mit den wichtigsten Fragen und Antworten:

Die Friedensbemühungen für den Ukraine-Konflikt laufen. Warum wird weiter aufgerüstet?

Der Ukraine-Konflikt hat der Nato mehr als deutlich gezeigt, dass Russland nicht der verlässliche Partner ist, den man sich wünscht. Als Konsequenz stieg vor allem in den baltischen Staaten und in Polen die Angst, dass Russland versucht sein könnte, seinen Einflussbereich gewaltsam in ihre Richtung auszuweiten. Für die Nato stellte sich die Frage, ob sie in der Lage wäre, die Bündnispartner im Fall eines Angriffes schnell und effektiv zu verteidigen. Die Analyse ergab ein eher düsteres Bild. Nach dem Ende des Kalten Krieges wurden die Verteidigungsausgaben jahrelang zurückgefahren.

Wird wirklich davon ausgegangen, dass Kremlchef Wladimir Putin das Risiko eingehen könnte, einen Nato-Staat anzugreifen?

Die große Mehrheit der Nato-Staaten rechnen nicht damit. Für den Fall der Fälle will man aber dennoch gewappnet sein. Letztlich hat es auch niemand für möglich gehalten, dass sich Russland die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim einverleiben könnte.

Was ist die Strategie der Nato?

Nachdem in einem ersten Schritt eine neue schnelle Eingreiftruppe („Speerspitze“) und sechs regionale Hauptquartiere aufgebaut wurden, wird jetzt daran gearbeitet, eine dauerhafte Nato-Truppenpräsenz in den östlichen Bündnisstaaten sicherzustellen. Voraussichtlich im Frühjahr des kommenden Jahres sollen je 1000 Bündnissoldaten in die baltischen Staaten sowie nach Polen geschickt werden. Rumänien wird beim Aufbau einer multinationalen Brigade unterstützt, die auch Bulgarien schützen soll.

Wie beteiligt sich Deutschland?

Die Bundeswehr war maßgeblich am Aufbau der neuen schnellen Eingreiftruppe beteiligt. Derzeit sind rund 3600 Soldaten für die Krisenreaktionskräfte abrufbereit. Vermutlich Anfang 2017 wird die Bundeswehr die Führung eines der multinationalen Bataillone übernehmen, die zur Abschreckung in die baltischen Staaten und nach Polen geschickt werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat angedeutet, dass deutsche Soldaten vermutlich in Litauen präsent sein werden.

Russland hat im europäischen Teil des Landes seine Truppen verstärkt. Glaubt bei der Nato jemand, dass ein paar Tausend Nato-Soldaten sie im Ernstfall aufhalten könnten?

Nein. Für die Nato geht es aber auch vor allem um Symbolik. Russland soll klar verstehen, dass ein Angriff auf einen Bündnispartner einen Angriff auf die gesamte Nato darstellen würde. Deswegen werden die multinationalen Truppen in den Osten geschickt. Es gehe letztlich darum, für einen möglichen Angreifer das Risiko und die Kosten in die Höhe zu treiben, erklärt der amerikanische Nato-Botschafter Douglas E. Lute. Nichts von dem, was diskutiert werde, stelle für irgendjemanden eine Gefahr dar. „Mit ein paar Bataillonen marschieren sie nirgendwo ein“, sagt er.

Steuern Russland und die Nato auf einen neuen Kalten Krieg zu?

Das ist umstritten. In Russland, aber auch in den östlichen Bündnisstaaten sieht manch einer diesen Zustand bereits erreicht. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg will deswegen den Dialog intensivieren. „Wir werden uns weiter für eine konstruktivere und kooperative Beziehung zu Russland einsetzen“, sagte er am Dienstag in Brüssel. Gerade in Krisenzeiten sei es wichtig, die Kanäle für politischen Dialog und militärischen Informationsaustausch offenzuhalten.

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