Nato-Gipfel in Brüssel Trump zu Gast bei (ehemaligen) Freunden

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Zwei-Prozent-Ziel im Fokus

Um Trump entgegenzukommen, stehen bei dem Nato-Gipfel zwei Themen im Vordergrund, die dem US-Präsidenten am Herzen liegen: ein Beitritt der Nato zur Anti-IS-Koalition und die künftige finanzielle Aufstellung des Bündnis. Bereits Barack Obama mahnte an, die Nato-Staaten müssten ihre Verpflichtungen einhalten und mindestens zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in den Verteidigungsetat stecken. Trump knüpft daran an – und weiß ausnahmsweise die große Mehrheit der US-Amerikaner hinter sich. Schon seit Langem fragen sich die Bürger, warum ihr Land die Interessen der freien Welt verteidigen soll, wenn zu Hause die Straßen bröckeln und die Schulen vergammeln – und die Bündnispartner gleichzeitig wenig Engagement zeigen.

Spekuliert wird nun, ob der Gipfel die Nationalstaaten beauftragt, konkrete Pläne zu verfassen, wie sie die zwei Prozent erreichen wollen. Bekanntermaßen hat auch Deutschland enormen Aufholbedarf: Derzeit investiert Deutschland nur 1,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ins Militär.

Mehr um Symbolik als substanzielle Veränderungen geht es beim zweiten Thema auf der Tagesordnung, einem Beitritt der Nato zur Anti-IS-Koalition. Auch ein solcher Beschluss wäre vor allem ein Signal an Trump, der das Bündnis obsolet nannte, weil es nicht gegen den Terror kämpfe. Kritiker verweisen allerdings darauf, dass schon heute alle 28 Nato-Staaten Mitglied der Koalition sind und von einer Aufnahme der Allianz kaum Mehrwert zu erwarten wäre. Aktuell hilft die Nato der Koalition bei der Ausbildung irakischer Soldaten und bei der Luftraumüberwachung mit AWACS-Aufklärungsflugzeugen. Einen Nato-Kampfeinsatz im Irak oder Syrien schließt Generalsekretär Jens Stoltenberg aus. Frankreich lehnt einen Beitritt der Nato zur Anti-IS-Koalition bislang nach Angaben aus Sicherheitskreisen ab.

Unklar ist bislang, inwieweit sich das Nato-Treffen mit Russland befassen wird. Das Land spielt in vielerlei Hinsicht eine Schlüsselrolle: Die Aufstockung der Wehretats in den Nato-Staaten etwa dürfte deutlich mehr mit Russlands militärischen Drohgebärden zu tun haben als mit Trumps Poltereien. Aktuell herrscht in der Nato Nervosität vor dem Großmanöver „Sapad“ (Westen), für das Russland gemeinsam mit Weißrussland im September bis zu 100.000 Soldaten mobilisieren könnte. Es wäre die größte derartige Übung seit „Sapad 2013“ – knapp ein Jahr vor dem Einmarsch russischer Soldaten in der Ukraine.

Immerhin: Im Vorfeld des Nato-Gipfels unterstreicht das US-Außenministerium, dass Russland trotz aller Trump-Avancen kein Partner der Vereinigten Staaten ist – „und auch nicht wird“. Sein Land werde nicht tatenlos zusehen, sollte Russland seine Grenzen auszutesten versuchen. „Das haben wir Wladimir Putin hinter den Kulissen auch klargemacht. Und dazu stehen wir“, so der Top-Diplomat. Er betont, man solle die Rolle der USA in Nato- und Sicherheitsfragen nicht anhand von Äußerungen oder Tweets von Donald Trump bewerten, sondern konkret auf die Taten schauen. „Da sind wir standfest und auch mit oder trotz Donald Trump auf Kurs: Unser Militär ist stark und wird weiter ausgebaut, unsere Geheimdienste sind weltweit im Einsatz, unsere Mitgliedschaft in der Nato ist bedingungslos.“

Sollte Donald Trump den Worten des US-Diplomaten Taten folgen lassen, und keine weiteren Zweifel am Donnerstag säen, könnte sich das Verhältnis zwischen den USA und der Nato schnell kitten lassen. Angeblich ist Trump am Donnerstag sogar bereit, sich zum Bündnisfall zu bekennen. So lassen sich garantiert Freundschaften wiederherstellen.

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