Nato prüft Syrien-Einsatz Amerika will, dass die Nato gegen den IS kämpft

Die Nato ist beim Kampf gegen die Terrormiliz IS bislang außen vor. Die USA wollen das nun ändern. Auch für deutsche Soldaten könnte das Konsequenzen haben.

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Ein AWACS-Flugzeug startet auf der NATO-Airbase in Geilenkirchen. Quelle: AP

Auf die Bundeswehr könnte eine Ausweitung des Syrien-Einsatzes zukommen: Die Nato betätigte, dass sie gebeten worden sei, der US-geführten Koalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) Awacs-Flugzeuge zur Verfügung zu stellen. Die 16 Spezialmaschinen der Nato haben ihre Basis auf dem deutschen Militärflughafen Geilenkirchen bei Aachen. Rund ein Drittel der Besatzungsmitglieder wird von der Bundeswehr gestellt.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur könnten die Awacs-Flugzeuge als fliegende Gefechtsstände die Luftangriffe der Anti-IS-Koalition auf Terroristen-Stellungen in Syrien und im Irak koordinieren. Sie sind dafür mit moderner Radar- und Kommunikationstechnik ausgestattet.

So marode ist die Bundeswehr
Aufklärungsjets am BodenImmer neue Einsätze stellen Deutschlands Armee vor Herausforderungen. Immer wieder kommt es dabei auch zu Problemen mit dem Material. So waren die deutschen "Tornados", die für Aufklärungsflüge gegen die Terrormiliz IS in Syrien und im Irak eingesetzt werden, zunächst nachts nicht einsetzbar. Die Cockpit-Beleuchtung war zu hell. Zwar hat die Bundeswehr die Flieger nachgerüstet, doch nicht alle Jets sind tatsächlich einsetzbar. Von den 93 deutschen Tornados waren laut Berichten aus dem November nur 66 in Betrieb - und nur 29 einsatzbereit. Das macht eine Quote von 44 Prozent, vor einem Jahr waren immerhin noch 58 Prozent der Flugzeuge einsatzbereit. Die teilweise über 30 Jahre alten Flugzeuge gelten als Auslaufmodelle. Quelle: dpa
Kampfjets ohne RaketenBeim Nachfolgemodell Eurofighter sind immerhin schon 55 Prozent der 109 Kampfjets einsatzbereit. Dieser Wert lag im vergangenen Jahr aber noch bei 57 Prozent. Wie im November bekannt wurde, fehlt es der Bundeswehr allerdings an Raketen für ihre Flugzeuge: Insgesamt 82 radargelenkte Amraam-Raketen besitzt die Bundeswehr, berichtet die "Bild am Sonntag". Im Ernstfall aber sollte jeder Jet mit zwei Raketen bestückt werden - die Bundeswehr bräuchte also 218 Amraam-Raketen. Quelle: dpa
Hubschrauber mit TriebwerksschädenNoch schlechter steht es um die Hubschrauber-Flotte: Nur 22 Prozent der Transporthubschrauber des Typs NH90 der Bundeswehr sind einsatzbereit. Der Hubschrauber hat vor allem Probleme mit seinen Triebwerken: 2014 musste ein Pilot auf dem Stützpunkt in Termes in Usbekistan notlanden, weil ein Triebwerk explodiert war. Eigentlich hat sich die Bundeswehr das Ziel gesetzt, dass 70 Prozent der zur Verfügung stehenden Bestandes für den täglichen Dienst nutzbar sein soll. Doch insbesondere bei ihren Fluggeräten verfehlt die Bundeswehr diesen Werte oft deutlich. Quelle: dpa
Flügellahmes FluggerätSo ist nur jeder vierte Schiffshubschrauber "Sea King" (siehe Foto) bereit für einen Einsatz. Beim Kampfhubschrauber Tiger liegt die Quote bei 26 Prozent, beim Transporthubschrauber CH53 immerhin schon bei 40 Prozent. „Die Lage der fliegenden Systeme bleibt unbefriedigend“, urteilt Generalinspekteur Volker Wieker in seinem aktuellen Bericht zum Zustand der Hauptwaffensysteme. 5,6 Milliarden Euro will die Bundeswehr in den nächsten zehn Jahren investieren, um den Zustand ihrer Ausrüstung zu verbessern. Quelle: dpa
Transportflugzeuge mit LieferschwierigkeitenUnd von den Transportflugzeugen "Transall" sind nur 57 Prozent bereit zum Abheben. Die teilweise über 40 Jahre alten Flugzeuge gelten als anfällig für technische Defekte. 2014 sorgte das für eine Blamage für die Bundeswehr im Irak, wo die Ausbilder der Bundeswehr kurdische Peschmerga-Kämpfer bei ihrem Kampf gegen den "Islamischen Staat" unterstützen sollten. Weil die Transall-Maschine streikte, konnten die Soldaten nicht zu ihrer Mission aufbrechen und mussten die Maschine wieder verlassen. Eigentlich sollen die Transall-Flugzeuge in den kommenden Jahren durch neue Airbus-Transportflugzeuge des Typs A400M ersetzt werden. 53 der Maschinen hat die Bundeswehr bestellt, doch die Auslieferung verzögert sich. Erst zwei Exemplare kann die Bundeswehr dieses Jahr im Empfang nehmen, die dazu nicht mal alle Funktionen haben: Fallschirmspringer zum Beispiel können die ausgelieferten Flugzeuge nicht absetzen. Airbus muss wegen der Probleme 13 Millionen Euro an den Bund zahlen. Quelle: dpa
Panzer mit BremsproblemenDie Bodenausrüstung findet sich zwar in besserem Zustand als die Flugsysteme der Bundeswehr. Aber auch hier gibt es Probleme, zum Beispiel beim Panzer "Puma". Aus Sicherheitsgründen musste die Höchstgeschwindigkeit für den Panzer von 70 km/h auf nur noch 50 km/h heruntergesetzt werden. Der Grund: Bei einer Geschwindigkeit von mehr als 50 km/h bremst der Panzer nicht mehr zuverlässig, der Bremsweg verdoppelt sich, wie das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBs) bei Tests herausfand. Die Probleme gab es wohl auch, weil die Bundeswehr erst spät in der Entwicklungsphase den Wunsch einbrachte, dass der Panzer bis zu 70 km/h schnell fahren sollte. Außerdem sollte der 1000 PS starke, bis zu 2000 Schuss pro Minute abfeuernde Panzer ohne Panzerung nur 31,5 Tonnen wiegen. Die Hersteller Krauss Maffei und Rheinmetall hatten Schwierigkeiten, die Auflagen zu erfüllen. Auch deshalb lieferten sie den Panzer erst in diesem Juni aus, ganze fünf Jahre später als geplant. Quelle: dpa
Das Skandal-GewehrDas Dauerthema bleibt jedoch das Pannengewehr G36: Das Sturmgewehr des Herstellers Heckler und Koch soll bei hohen Temperaturen nicht mehr präzise schießen, Verteidigungsministerin von der Leyen erklärte daraufhin, das Gewehr habe bei der Bundeswehr keine Zukunft. Rund 180 Euro hat die Bundeswehr für die insgesamt 178.000 Gewehre bezahlt. Die Aufklärung der Affäre bindet viele Kapazitäten im Ministerium: Insgesamt vier Kommissionen befassen sich mit dem Skandal. Ab 2019 soll ein neues Sturmgewehr das G36 ablösen. Quelle: dpa

„Die Anfrage wird derzeit von den Alliierten diskutiert“, sagte eine Nato-Sprecherin. Einem Einsatz der Awacs müssten alle 28 Bündnisstaaten zustimmen. Die Nato als solche ist bislang nicht an der Anti-IS-Koalition beteiligt. Die Mitgliedstaaten leisten lediglich auf unterschiedliche Art und Weise als Nationalstaaten Beiträge.

Deutschland unterstützt die Koalition mit Tornado-Aufklärungsjets und einem Tankflugzeug. Zudem werden kurdische Anti-IS-Kämpfer mit Waffen beliefert. Eine Beteiligung der Bundeswehr an einem Nato-Einsatz über Syrien und dem Irak würde aller Voraussicht nach ein neues Bundestagsmandat notwendig machen.

Die Bundesregierung hatte es bisher gutgeheißen, dass die Nato nicht direkt am Anti-IS-Kampf beteiligt ist. Als Grund wurde genannt, dass ein offizielles Bündnisengagement die Friedensbemühungen für den Syrien-Konflikt erschweren könnte. Zudem wurde auf möglich Vorbehalte von Mitgliedern der Anti-IS-Koalition aus dem arabischen Raum verwiesen.

Damit ein Treffen der Koalition in der Nato-Zentrale in Brüssel stattfinden konnte, mussten Ende 2014 sogar Bündnissymbole aus dem Tagungsraum entfernt werden. Einigen Partnern sei es wichtig, dass die Nato beim Kampf gegen den IS keine große Rolle spiele, hieß es damals. An der Anti-IS-Koalition sind mittlerweile rund 60 Staaten beteiligt, darunter neben allen 28 Nato-Mitgliedern auch islamische Länder wie Saudi-Arabien und Ägypten.

US-Verteidigungsminister Ashton Carter hatte am Mittwoch ein neues Zusammentreffen von mehr als zwei Dutzend Ländern der Koalition in drei Wochen in Brüssel angekündigt. Dort solle auch über zusätzliche Anstrengungen gesprochen werden. „Wir sind uns einig, das wir alle mehr machen müssen“, sagte er. Das Treffen dürfte am Rande eines Nato-Verteidigungsministertreffens stattfinden, das für den 10. und 11. Februar angesetzt ist.

Bereits vor einigen Wochen hatte die Nato beschlossen, Awacs-Flugzeuge in die Türkei zu verlegen. Diese Entsendung geht allerdings auf eine Bitte der Regierung in Ankara zurück. Der Bündnispartner fühlt sich durch die Konflikte in der Region bedroht. Unter anderem sollen in Syrien eingesetzte russische Kampfflugzeuge mehrfach den türkischen Luftraum verletzt haben. Im November kam es zu einem schwerwiegenden Zwischenfall, als die türkische Luftwaffe im türkisch-syrischen Grenzgebiet ein russisches Kampfflugzeug abschoss.

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