Netanjahu-Rede vor US-Kongress Atomstreit mit dem Iran sorgt für Spannungen

US-Präsident Barack Obama fordert, dass der Iran sein Atomprogramm für mindestens zehn Jahre auf Eis legen soll. Das amerikanisch-israelische Verhältnis ist angespannt. Netanjahu spricht vor dem US-Kongress.

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Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wird am Dienstag vor dem US-Kongress eine Rede halten. Quelle: dpa

Washington Vor der Rede des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu vor dem Kongress haben die USA noch einmal ihre Position im Atomstreit mit dem Iran klargestellt. Washington strebe einen Deal mit Teheran an, der den Iran „von jedem einzelnen Weg“ zu einer Atombombe abschneiden werde, erklärte Sicherheitsberaterin Susan Rice am Montagabend.

Dazu habe Präsident Barack Obama alle Optionen auf dem Tisch, fügte sie hinzu. US-Außenminister John Kerry und sein iranischer Kollege Mohammed Dschawad Sarif setzten im schweizerischen Montreux ihre Gespräche über das Teheraner Atomprogramm fort.

Die internationalen Verhandlungen der fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder und Deutschlands mit dem Iran sollen bis Ende des Monats zu einem vorläufigen Abkommen führen. Dabei soll sichergestellt werden, dass der Iran nicht eigene Atomwaffen entwickeln kann. Im Gegenzug sollen die Sanktionen gegen Teheran aufgehoben werden.

In seiner für Dienstag erwarteten Rede vor dem Kongress dürfte Israels Regierungschef Netanjahu jedoch scharfe Kritik an den Atomverhandlungen äußern. Bereits am Vortag hatte er sich bei einem Auftritt vor dem Komitee für Amerikanisch-Israelische Öffentliche Angelegenheiten dazu geäußert.

Der Iran bilde bereits Terroristen auf fünf Kontinenten aus, entsende und bewaffne sie, sagte Netanjahu. „Stellen Sie sich vor, was der Iran mit Atomwaffen machen würde“, sagte Netanjahu. Irans „Fangarme des Terrors“ reichten über die ganze Welt.

Wenn Teheran Atomwaffen besitzen würde, würde dies bedeuten, dass der Staat sein Ziel, die Vernichtung Israels, erreichen könnte, sagte er weiter. Das habe der Iran geschworen. Ein Atomabkommen mit Teheran könnte das Überleben Israels bedrohen, so Netanjahu. Israel werde sich da nicht passiv verhalten.

Zugleich versuchte Netanjahu, die Wogen im amerikanisch-israelischen Verhältnis zu glätten. Das Bündnis beider Staaten sei „stärker denn je“, sagte er. Berichte über den Niedergang der Beziehungen seien nicht nur voreilig, sondern falsch. Zu seinem angespannten Verhältnis mit US-Präsident Barack Obama erklärte Netanjahu, seine Rede im Kongress erfolge nicht aus Geringschätzung des Präsidenten oder vor dessen Amt.


US-Regierung stellt sich demonstrativ hinter Israel

Eingeladen worden war er zu der Rede von der republikanischen Kongressführung - nicht vom Weißen Haus. Die Einladung und die Annahme durch Netanjahu waren von der US-Regierung scharf kritisiert worden, weil sie nichts davon gewusst hatte. Auch in Israel wird Netanjahu kritisiert, weil die Rede in die heiße Phase des Wahlkampfs fällt. Der Urnengang findet in zwei Wochen statt.

Die US-Regierung stellte sich demonstrativ hinter Israel. Die UN-Botschafterin der USA, Samantha Power, hob die milliardenschwere Militärunterstützung Washingtons für Israel hervor. „Unsere Verpflichtung zu unserer Partnerschaft mit Israel ist fundamental – sie ist verwurzelt in gemeinsamen, fundamentalen Werten, zementiert durch jahrzehntelange parteiübergreifende Stärkung.“

Diese Partnerschaft könne nicht getrübt oder gebrochen werden. Man werde nicht zulassen, dass der Iran Atomwaffen erlange. Das Bekenntnis der USA zu Israels Sicherheit werde nicht angetastet.

Eine Einigung im Atomstreit mit dem Iran muss nach den Worten von US-Präsident Barack Obama sicherstellen, dass das Land die Arbeit an seinem Nuklearprogramm für mindestens zehn Jahre einfriert. „Falls sich der Iran dazu bereiterklärt, sein Atomprogramm für eine zweistellige Zahl von Jahren auf dem jetzigen Stand einzufrieren und in Teilen sogar zurückzudrehen, und wir das verifizieren können, dann hätten wir die beste Sicherheit, die wir bekommen können, dass sie keine Atombombe haben“, sagte Obama in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters am Montag im Weißen Haus in Washington.

Die Atom-Verhandlungen mit dem Iran stecken derzeit in ihrer entscheidenden Phase. Bis Ende März soll eine Rahmenvereinbarung erzielt werden, eine endgültige Regelung soll bis Ende Juni stehen. Allerdings gibt es weiter zentrale Streitpunkte, etwa über den Zeitpunkt für die Aufhebung von Sanktionen. Eine erneute Verlängerung der Verhandlungsfrist lehnen jedoch sowohl die USA als auch der Iran ab.

Ziel der USA sei es, dafür zu sorgen, „dass mindestens ein Jahr zwischen dem Zeitpunkt liegt, wo wir bemerken, dass sie sich um eine Atombombe bemühen, und dem Zeitpunkt, zu dem sie tatsächlich imstande sind, sich eine zu verschaffen“, sagte Obama. Skeptisch reagierte der US-Präsident auf die Frage, wie er die Aussichten für eine Einigung bis Ende Juni einschätze. Es sei sehr fraglich, ob der Iran in die vom Westen geforderten rigorosen Inspektionen einwillige. Dies gelte auch für die geringen Möglichkeiten der Anreicherung von Uran, zu denen der Iran sich verpflichten müsse.

„Sollte der Iran sich aber darauf einlassen, wäre es eine weit effektivere Kontrolle seines Atomprogramms, als sie durch jeglichen Militärschlag Israels oder Sanktionen erzielt werden könnte“, erklärte der US-Präsident.

In der Schweiz findet diese Woche eine neue Runde der Atomverhandlungen zwischen dem Iran und den USA, Deutschland, Russland, Großbritannien, Frankreich sowie China statt. Der Iran weist Verdächtigungen des Westens zurück, unter dem Deckmantel der Stromerzeugung Atomwaffen zu entwickeln.

Das Land weigerte sich bisher jedoch, seine umstrittene Uran-Anreicherung zu beenden. Je nach Anreicherungsgrad kann Uran als Brennstoff für Atomkraftwerke oder zum Bau von Atomwaffen genutzt werden.


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