Ein Großteil der 17 Mitglieder der neuen Trump-Regierung, die der künftige Präsident bisher ausgewählt hat, übernimmt zum ersten Mal politische Verantwortung. Die neuen Minister und Berater sind nahezu ausschließlich Vertreter des Anti-Establishment – und weitgehend stinkreich. Gemeinsam verfügen die Auserwählten über ein Vermögen von über 9,5 Milliarden US-Dollar. Und damit mehr als ein Drittel der ärmsten US-Amerikaner, sage und schreibe 43 Millionen Haushalte.
„Sie sind die Besten“, sagt Donald Trump. Seine künftigen Minister würden helfen, „Jobs, Jobs und Jobs in Amerika“ zu schaffen.
Erstaunlich ist, dass seine Wähler dem Reichen-Kabinett das zutrauen. 42 Prozent der US-Bürger glauben laut einer aktuellen Umfrage, dass die Wirtschaft im kommenden Jahr anziehen wird. Das sind 17 Prozent mehr, als noch vor der Wahl – und satte 20 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die US-Amerikaner blicken damit so optimistisch in die Zukunft wie seit 2008 nicht mehr. 56 Prozent der Bürger gaben an, „bereit zu sein, Donald Trump zu unterstützen“ und mit ihm als Präsidenten „zufrieden zu sein“.
Wirtschaftlich fragwürdig
Den Eindruck verfestigt hat mutmaßlich auch Trumps Rettungsaktion beim US-Klimagerätehersteller Carrier. Das Unternehmen wollte ursprünglich große Teile der Produktion von Indianapolis nach Mexiko verlagern. Trump machte schon im Wahlkampf massiv Stimmung gegen diese Pläne – und einigte sich dann vor Kurzem auf einen „Deal“ mit dem Konzern. Trump versprach Subventionen und weniger Regulierungen und überzeugte Carrier, mindestens 1000 Jobs in Indianapolis halten.
Ordnungspolitiker stöhnen auf. Trump verzerre den Markt, die Regierung mache sich erpressbar. Und: Werden unrentable Jobs in den USA gehalten, gefährde das die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen. „Die Argumente sind schlüssig. Das Problem: Die Betroffenen halten dies für eine arrogante Diskussion der Intellektuellen“, sagt Martin Thunert. Trump hingegen packe an, helfe. Für die Arbeiter bei Carrier ist er – zumindest für den Moment – der Retter.
„Trump weiß, dass es wichtig ist, eine glaubhafte Geschichte erzählen zu können“, so Thunert. Die Rettung der Carrier-Jobs helfe enorm, seinen Ruf als Anti-Establishment-Kandidat, als Retter der Arbeiter, als Deal-Maker zu festigen. „So wirtschaftlich fragwürdig die Aktion war, so genial war sie aus Trumps Sicht für sich und seine Reputation.“
Neben seiner Symbolpolitik hilft Donald Trump die konjunkturelle Entwicklung in den USA. Die Wirtschaft wächst ordentlich: im kommenden Jahr wird das Bruttoinlandsprodukt um 2,3 Prozent anziehen, glauben OECD und Deutsche Bank. Sollte Trump wie versprochen die Steuern senken und in die Infrastruktur investieren, könnte das Wachstum perspektivisch gar noch höher ausfallen.
Die Konjunkturexperten sind sich einig: Trump bietet Chancen. Gleichzeitig aber ist der Präsident auch ein Risiko. Nämlich dann, wenn er die Kontrolle über sich verliert. So attackierte auf Twitter die US-Großkonzerne Lockheed Martin und Boeing; der Flugzeugbauer stellt gerade zwei neue Air-Force-One-Maschinen her. „Die Kosten seien außer Kontrolle“, kommentierte Trump. „Auftrag stornieren.“ Der Aktienkurs von Boeing gab daraufhin nach.
„Trump muss aufpassen, dass er den Bogen nicht überspannt“, sagt Martin Thunert. Boeing wie Lockheed Martin seien große Arbeitgeber, die hoch bezahlte Jobs in den USA in der Produktion garantieren. „Das ist genau das, was Trump will. Mit denen sollte er es sich also nicht verscherzen.“
Trump spielt ein gefährliches Spiel. Im Versuch, seine Wähler zu begeistern, droht er außenpolitisch jahrzehntelange Verbündete zu verschrecken – und in der Wirtschaft die hervorragenden Geschäftsaussichten der heimischen Industrie zu konterkarieren. Trump wäre gut beraten, sich zu mäßigen – und sich zu ändern, sobald er ins Weiße Haus einzieht. Wahrscheinlich ist das allerdings nicht.