Neue Griechenland-Gespräche Euro-Treffen am Mittwoch soll Durchbruch bringen

Die Gespräche der Euro-Gruppe in Brüssel gingen am Montag ohne Entscheidungen zu Ende, ein zweites Treffen am Mittwoch soll Lösungen erzielen. Athen hat neue Reformvorschläge gemacht, die Bewegung in die Sache bringen.

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EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: „Ich bin zuversichtlich, dass die Eurogruppe am nächsten Mittwoch Ergebnisse erzielen wird.“ Quelle: ap

Brüssel/Athen Nach neuen Reformvorschlägen Griechenlands wächst die Hoffnung auf eine Einigung in der griechischen Schuldenkrise noch in dieser Woche. EU-Gipfelchef Donald Tusk lobte beim Euro-Sondergipfel am Montag in Brüssel die jüngsten Spar- und Reformangebote Griechenlands als die „ersten wirklichen Vorschläge in vielen Wochen“. Diese hätten „den Weg zu einer schnellstmöglichen Einigung“ geebnet, sagte Frankreichs Präsident François Hollande.

Die litauische Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite zog allerdings eine gemischte Bilanz der vierstündigen Gipfeldebatten und bemängelte fehlende Ergebnisse. „Das Treffen war für das Verfahren gut, aber nicht für das Ergebnis“, sagte Grybauskaite am späten Montagabend. Die nächsten 48 Stunden seien nun entscheidend. „Wir können nicht einer Regierung helfen, die nicht ihre Verantwortung übernimmt“, sagte sie mit Blick auf die Athener Regierung. „Eine Abmachung ist nötig für uns alle.“ IWF-Chefin Christine Lagarde sagte, die neuen Vorschläge Athens seien noch unspezifisch, es sei noch Raum für Verhandlungen.

Die Euro-Finanzminister werden am Mittwoch zum zweiten Mal in dieser Woche über Griechenland beraten. „Ich bin zuversichtlich, dass die Eurogruppe am nächsten Mittwoch Ergebnisse erzielen wird“, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Am Donnerstag werde dann der reguläre EU-Gipfel mit 28 Staats- und Regierungschefs zusammenkommen. Juncker sagte: „Ich bin überzeugt davon, dass wir zu einer abschließenden Einigung im Laufe dieser Woche kommen, aus dem einfachen Grund, dass wir diese Woche eine Einigung finden müssen.“

Bei dem Sondergipfel einigten sich die Euro-Staats- und Regierungschefs mit Athen auf die griechischen Haushaltsziele für die nächsten Jahre. Das berichteten Diplomaten in Brüssel übereinstimmend mit Athener Regierungskreisen. Der sogenannte Primärüberschuss, bei dem Zinszahlungen und Tilgungen ausgeblendet werden, solle im laufenden Jahr ein Prozent der Wirtschaftsleistung betragen und im kommenden Jahr zwei Prozent. Der Primärüberschuss ist eine wichtige Größe bei der Sanierung des Budgets.

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte praktisch in letzter Minute neue Vorschläge für harte Steuererhöhungen und Einsparungen vorgelegt. Die Maßnahmen sollen in den kommenden eineinhalb Jahren fünf Milliarden Euro einbringen.

Athen ist laut Regierungskreisen nun bereit, die Mehrwertsteuer im Bereich Tourismus (Hotels, Tavernen und Cafés) zu erhöhen, die meisten Frührenten abzuschaffen und die Reichen des Landes mit einer Sondersteuer zu belegen. Unternehmen, die 2014 mehr als 500 000 Euro Gewinn machten, sollen Sondergewinnsteuer zahlen. Eine Immobiliensteuer, die die linke Regierung eigentlich abschaffen wollte, soll bestehen bleiben. Besitzer von Jachten, Luxusautos und Schwimmbädern sollen tiefer in die Tasche greifen. Die Regierung will die Rüstungsausgaben zudem um 200 Millionen Euro kürzen. Rentenkürzungen soll es aber nicht geben.


Athen macht Schritte nach vorne

Ohne Ergebnis war am Nachmittag ein Treffen der Euro-Finanzminister zu Ende gegangen, das den Gipfel vorbereiten sollte. Neue Vorschläge aus Athen seien erst „ganz, ganz kurz vorher“ eingegangen, sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. Kanzlerin Angela Merkel sprach daher von einem „Beratungsgipfel“.

Griechenland muss eine umfassende Reformliste vorlegen, um 7,2 Milliarden Euro aus dem laufenden Hilfsprogramm zu erhalten, die derzeit blockiert sind. Die Zeit drängt, weil das Land vor der Pleite steht. Athen muss bis zum 30. Juni 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlen. Einer möglichen Verlängerung des Programms beziehungsweise einer Auszahlung der bisher blockierten Hilfen muss neben anderen Parlamenten auch der Bundestag noch zustimmen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhte unterdessen die Notkredite für griechische Banken erneut merklich. Allein diese Kredite machen Geldauszahlungen durch die Institute noch möglich.

Eurogruppen-Chef Dijsselbloem sagte, die Vorschläge aus Athen seien „ein willkommener Schritt“. Skeptisch zeigte sich dagegen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der belastbare Angebote aus Athen vermisste. „Wir haben bisher keine substanziellen Vorschläge bekommen“, kritisierte er. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann meinte: „Es gehört ein bissl mehr aufeinander zugegangen in einer Europäischen Union.“ EU-Parlamentspräsident Martin Schulz zeigte sich überzeugt, dass eine Lösung möglich sei und sagte: „Die europäischen Institutionen (...) haben sich bewegt, die Hand ausgestreckt. Es ist nun an der griechischen Regierung, die ausgestreckte Hand anzunehmen.“

Griechenland fordert laut Medienberichten seinerseits eine Umschichtung und Umlegung der Schulden des Landes. Zudem soll es ein umfangreiches Investitionsprogramm geben, damit die griechische Wirtschaft wieder wachse.

Tsipras meinte in Brüssel: „Es ist Zeit für eine wirkliche und tragfähige Lösung, die Griechenland die Rückkehr zum Wachstum erlauben würde, innerhalb der Eurozone, mit sozialer Gerechtigkeit.“ Auf Griechisch fügte er hinzu, seine Regierung wolle nötige strukturelle Reformen durchsetzen sowie Steuerhinterziehung und Korruption bekämpfen. Es gelte aber, soziale Härten abzuwenden - Tsipras nannte Renten und Löhne sowie steigende Energiepreise für Verbraucher. „Das sind für uns die Schlüssel zur Einigung.“

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